Digital, Life, Design: Die zwei Gesichter von Google
Am zweiten Tag der Digital, Life, Design stand Google im Mittelpunkt recht unterschiedlicher Debatten. Auf einem Panel über die Zukunft Chinas wurde Googles Weigerung, sich den chinesischen Verhältnissen anzupassen, scharf kritisiert. Später bemängelte der künftige Burda-Chef Paul-Bernhard Kallen die Intransparenz von Google.
Am zweiten Tag der Konferenz Digital, Life, Design (DLD) der Hubert Burda Media stand Google im Mittelpunkt recht unterschiedlicher Debatten. Auf einem Panel über die Zukunft Chinas wurde Googles Weigerung, sich den chinesischen Verhältnissen anzupassen, scharf kritisiert. Später kritisierte der künftige Burda-Chef Paul-Bernhard Kallen die Intransparenz von Google.
Zum Auftakt des zweiten Tages referierte der amerikanische Zukunftsforscher John Naisbitt über China. Naisbitt betreibt dort das Naisbitt China Institut, das Firmen helfen soll, sich in China zu etablieren. Sein Buch über Chinas Megatrends, "Die 8 Säulen einer neuen Gesellschaft", bekam jeder Teilnehmer der Konferenz ins Handgepäck. Naisbitt bezweifelte rundweg, dass es Google wirklich um die Filterung von Suchergebnissen auf Anweisung der chinesischen Regierung gehen würde. "Google hätte den Schritt [die Konfrontation mit den Behörden, Anm. d. Red.] nicht gemacht, wenn sie Marktführer bei den Suchmaschinen wären." Die Auseinandersetzung selbst nannte Naisbitt "einen winzigen Blip auf dem Radar-Schirm der Chinesen."
Ganz anders hatte sich zuvor Wikipedia-Gründer Jimmy Wales in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa geäußert. Er begrüßte den Vorstoß von Google und begründete dies mit den Erfahrungen, die auch die Wikipedia in China machen musste, wo sie zeitweilig nicht verfügbar war und erst zu den Olympischen Sommerspielen 2008 zugelassen wurde. Noch heute seien bestimmte Artikel der chinesischen Wikipedia mit ihren ca. 250.000 Einträgen gesperrt: "Ich bin Google dankbar", erklärte Wales. Bei Fragen der Meinungsfreiheit und des freien Zuganges zum Wissen könne es keine Kompromisse geben. Andererseits verhindere eine offene Konfrontation pragmatische Lösungen.
In einer Diskussionsrunde zum Thema Firmenstrategien fand David Drummond am Ende des 2. Konferenztages klare Worte. Der Chief Legal Officer von Google erklärte, dass die Auseinandersetzung primär eine Frage der Menschenrechte sei. Informationen zu filtern, widerspreche eindeutig der Erklärung der Menschenrechte, wie es die Vereinten Nationen vorausblickend in den 80er-Jahren beschlossen habe. Allerdings ginge es Google an zweiter Stelle auch um eine wirtschaftliche Frage, schränkte Drummond ein. "Die chinesische Regierung protegiert den Medienmarkt und unterstützt lokale Firmen." Um überhaupt in China aktiv werden zu können, habe Google erst die Bedingungen der chinesischen Behörden akzeptiert und auf Lockerung der Filteranforderungen gehofft. Dabei sei das Klima immer frostiger geworden, bis die Angriffe kamen. Sie hätten Google dazu bewogen, die Filterbeschränkungen aufzuheben. Drummond betonte, dass derzeit Gespräche mit der chinesischen Regierung geführt würden: "Wir wollen in China bleiben, aber wir wollen unsere Suchergebnisse niemals wieder filtern." Drummond erinnerte an das Firmenmotto: "Wir unternehmen nur Dinge, die unseren Werten entsprechen." Google sei noch operativ in China tätig und könne sehr kurzfristig entscheiden, wie es weitergeht. Eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen.
Zu den Firmenstrategien von Google gehört es, Contentlieferanten via AdSense an den Werbeeinnahmen zu beteiligen, die Google erzielt. Wie indes die Beteiligungen berechnet werden, ist ein Geschäftsgeheimnis von Google. Dies ärgerte den Burda-Vorstandsvorsitzenden Paul-Bernhard Kallen, der ebenfalls in der Strategie-Diskussionsrunde auftrat. Kallen erklärte, dass Google allein aufgrund seiner Marktmacht kein Service-Anbieter im Internet mehr sei, sondern eine "Infrastrukturfirma", von der weite Teile des Internets abhängen würden. Als solche sei Google zu mehr Transparenz verpflichtet. Als Beispiel der Intransparenz führte Kallen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Google Adsense an und las auf Deutsch den Passus vor, nach dem Google nicht verpflichtet ist, Informationen über seine Einnahmen und die Algortihmen zur Berechnung der Ausschüttungen zu veröffentlichen. Drummond entgegnete trocken, dass der Vertrag gültig sei und Google seine Algorithmen nicht ständig verändern würde. Dies sei als Basis für eine gute Partnerschaft von Content-Produzenten und Google ausreichend. Auf die Frage nach den Nachrichten-Schnippseln angesprochen, die deutsche Verleger besonders vergütet sehen wollen, erklärte Drummond, dass die Suche nach Nachrichten überhaupt keine Einnahmen generieren würde, weder für Google noch für die Content-Lieferanten. Hubert Burda und der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner saßen in der ersten Zuschauerreihe und schüttelten die Köpfe. Ihre Forderung nach einem Leistungsschutzrecht für Verlage gegenüber Suchmaschinen dürfte weitere Konferenzen beschäftigen.
Siehe zur "Digital, Life,Desgin" auch
(jk)