EU will Tempo bei Umbau der Telekom-Branche machen

Nach Jahrzehnten des EU-Binnenmarktes ist die Telekom-Branche nach wie vor in viele nationale Märkte gespalten. Digital-Kommissarin Neelie Kroes will das ändern und ist dafür auch zu Kompromissen bereit.

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Von
  • dpa

Die EU-Kommission will den Aufbau eines einheitlichen Marktes für Telekom-Dienste beschleunigen. Ein Paket von Initiativen solle bis Ostern kommenden Jahres stehen, sagte die zuständige Kommissarin Neelie Kroes dem Wall Street Journal. Sie wolle ihre Vorschläge bereits im Juli oder August vorlegen und auf die bisher angepeilte EU-weite Regulierungsbehörde verzichten, um Zeit zu sparen. Auf lange Sicht hoffe Kroes auch, die Roaming-Gebühren für Telefonate bei Reisen in andere EU-Länder abschaffen zu können.

Die Idee einer gemeinsamen EU-Regulierungsbehörde war auf Widerstand in den Ländern gestoßen, die ihre Kontrollbefugnisse nicht aufgeben wollten. Um ihre Reformpläne bis zur Neuwahl des Europaparlaments im kommenden Jahr durchzubringen, schwebt Kroes nun ein Kompromiss vor: Sie will vorschlagen, dass sich Telekom-Unternehmen für den Regulierer in einem Land entscheiden können und europaweit nur er für sie zuständig wäre.

"Tempo ist dringend nötig, weil wir in einer Krise sind", begründete Kroes ihre Kurswende. Man müsse in dieser Situation pragmatisch sein und sich auf das Wesentliche beschränken. Ein weiteres zentrale Thema ist eine bessere Koordination bei der Vergabe von Funkfrequenzen. Derzeit wird das nationaler Ebene geregelt, in verschiedenen Ländern laufen zum Beispiel die Netze des LTE-Datenfunks in unterschiedlichsten Frequenzbändern.

Die Telekom-Unternehmen verlangen schon lange eine weniger strikte Regulierung ihres Geschäfts in der EU. Sie begründen dies mit einem scharfen Wettbewerb in der Branche und verweisen auf spürbare Umsatzeinbußen in den vergangenen Jahren. Die EU-Kommission hatte angedeutet, dass sie grenzübergreifenden Fusionen in der Industrie wohlwollend entgegenstehen würde. Die Branche hätte dagegen zunächst lieber mehr Spielraum für Fusionen in den einzelnen Ländern. Sie argumentiert, dass es derzeit zu viele Player in den nationalen Märkten gebe.

"Es geht nicht um Konsolidierung, sondern darum, die Fragmentierung zu beheben", sagte Kroes nun dazu. Telekommunikation sei ein fragmentiertes Geschäft mit 27 Regulierern und Gesetzgebungen – Europa profitiere in diesem Bereich derzeit nicht vom Binnenmarkt. (anw)