Edward Snowden: Flucht sorgt für diplomatische Spannungen
Edward Snowden hat seinen letzten Job nur angenommen, um an geheime Dokumente über die NSA-Spionage zu kommen. Unterdessen wachsen die diplomatischen Spannungen angesichts der Flucht des Whistleblowers.
Der Spionage-Informant Edward Snowden hat seinen letzten Job bei der Beratungsfirma Booz Allen Hamilton nur angenommen, weil er dadurch an eine Liste aller von der NSA gehackten Rechner kommen konnte. Das habe er in einem Interview gesagt, berichtet die South China Morning Post. Dass er bereit war, weniger zu verdienen, um an diese Stelle zu gelangen, hatte er bereits in einem offenen Interview beim Guardian gesagt. Nach seiner Einstellung vor drei Monaten habe er dann seine Zeit damit verbracht, geheime Dokumente an sich zu bringen.
Er habe die Informationen nicht früher weitergegeben, um nicht einfach große Mengen an Dokumenten ohne Rücksicht auf ihre Inhalte unter die Leute zu bringen. Wenn er genug Zeit hat, wolle er nun die Dokumente durchgehen und an Journalisten verschiedener Länder geben. Die sollen dann "ohne meine Voreingenommenheit" entscheiden, ob die Informationen über die geheimen US-Überwachungsprogramme veröffentlicht werden sollen. Er habe jedenfalls vor, weitere Dokumente zu leaken.
Unterdessen ist unklar, wo sich Edward Snowden derzeit aufhält. Ein Flugzeug von Moskau nach Havanna hatte er am Montag nicht genommen. Journalisten, die in der Maschine waren, konnten nur den leeren Platz fotografieren, auf den er angeblich gebucht war. Später hat Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño in Vietnams Hauptstadt Hanoi erklärt, dass Snowdens Asylantrag geprüft werde. Dabei forderte er von den USA mit vielen Worten, die Meinungsfreiheit zu respektieren. Reporter ohne Grenzen wiederum nutzt die Gelegenheit, um die Kritik an der Einschränkung der Pressefreiheit in dem Land zu erneuern. In der eigenen Rangliste der Pressefreiheit stehe Ecuador nur auf Platz 119 von 179 und Präsident Correa habe "jeden Anlass, vor der eigenen Türe zu kehren."
US-Vertreter forderten Russland derweil mit scharfen Worten auf, den Informanten auszuliefern. US-Außenminister John Kerry warnte Russland, aber auch China vor "Konsequenzen", berichtet die New York Times. Er drängte Russland demnach dazu, sich an die juristischen Standards zu halten, "denn das ist in jedermanns Interesse". Außerdem habe er Snowdens Wahl seiner Unterstützer sarkastisch kommentiert: "Ich frage mich, ob Herr Snowden China und Russland als Helfer für seine Flucht vor der Justiz ausgewählt hat, weil sie so mächtige Bastionen der Internetfreiheit sind?" US-Präsident Barack Obama wiederum sagte laut dpa, sein Land versuche im Gespräch mit den betroffenen Ländern "sicherzustellen, dass das Recht zum Zuge kommt". Einzelheiten nannte er nicht.
China hat bereits auf die massive Kritik reagiert, berichtet der Guardian. Auf der Auslandsausgabe der People's Daily, der offiziellen Zeitung von Chinas Kommunistischer Partei, findet sich demnach ein scharfer Kommentar. Die Regierung in Peking sei ernstlich besorgt über Snowdens Vorwurf, die USA würden chinesische Netze ausspionieren. Aber statt das zu erklären oder sich zu entschuldigen, äußerten die USA nur ihre Unzufriedenheit über die Behörden in Hongkong, die im Einklang mit den Gesetzen gehandelt hätten. In gewisser Weise hätten sich die USA von einem "Modell der Menschenrechte" zu einem "bösen Eindringling" in anderer Länder Netzwerke verwandelt. "Die Welt wird sich an Edward Snowden erinnern", schreibe sie weiter, "seine Furchtlosigkeit hat die scheinheilige Maske Washingtons heruntergerissen." (mho)