Ermittlungen gegen indischen Wahlgeräte-Experten

Wegen Diebstahlsvorwürfen ist der indische Wahlgeräte-Kritiker Hari Prasad in die Mühlen der indischen Justiz geraten.

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Von
  • Torsten Kleinz

Der indische Wahlgeräte-Kritiker Hari Prasad wurde wegen des Diebstahlsverdachts verhaftet. Die Behörden verlangen Auskunft darüber, wie er an ein offizielles Wahlgerät gelangen konnte.

Der indische Unternehmer hatte im Februar das Gerät zusammen mit dem E-Voting-Experten Alex Halderman von der University of Michigan und dem niederländischen Bürgerrechtsaktivisten Rop Gongrijp untersucht. In einem Papier (PDF-Datei) stellen die Autoren zwei Angriffsszenarien vor, mit denen die Wahlen unbemerkt manipuliert werden könnten. So konnte das Display relativ einfach gegen eine ferngesteuerte Anzeige ausgetauscht werden. Mit einem einfachen Bauteil konnten auch die Speicherinhalte der Geräte verändert werden.

Prasad arbeitet für die Organisation "Citizens for Verifiability, Transparency and Accountability in Election". Die Gruppe lehnt zwar Wahlcomputer nicht generell ab, verlangt aber bessere Maßnahmen gegen Wahlbetrug. Prasad hatte zuvor einen eigenen Wahlcomputer nach den Vorgaben der indischen Vorschriften entwickelt und an diesem die Manipulierbarkeit elektronischer Wahlen demonstriert. Die Wahlkommission verwies jedoch darauf, dass die von dem Aktivisten dargestellten Trojaner-Attacken nicht auf den offiziellen Wahlgeräten funktionieren konnten.

Die indische Wahlkommission hat nun in einer Stellungnahme (PDF-Datei) Vorwürfe zurückgewiesen, die Verhaftung des Kritikers veranlasst zu haben. Die Kommission habe sich mehrmals mit Prasad getroffen und ihm auch die Untersuchung der offiziellen Wahlgeräte im Hauptquartier der Wahlkommission erlaubt. Im April habe Prasid jedoch in Fernsehberichten ein offizielles Gerät in seinem Besitz vorgezeigt. Untersuchungen hätten ergeben, dass dieses Gerät aus dem Bestand der Verwaltung in Mumbai stamme, die daraufhin Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet habe.

Wie die Tageszeitung Times of India berichtete, haben zwei indische Geheimdienste mit Ermittlungen gegen Prasad begonnen, nachdem er mit den Manipulationsmöglichkeiten an die Öffentlichkeit gegangen war. "Wir führen eine gründliche Untersuchung durch, um herauszufinden, wer tatsächlich dahintersteckt und ob eine Verschwörung existiert, den Wahlprozess in Indien zu diskreditieren", sagte demnach ein Beamter. Auch die Möglichkeit, dass ein Konkurrent den indischen Wahlgeräteherstellern schaden wolle, werde untersucht.

Während der indischen Parlamentswahlen 2009 wurden 1,4 Millionen Geräte eingesetzt, um die Stimmen der mehr als 700 Millionen wahlberechtigten Bürger zu erfassen. Der Princeton-Forscher Ed Felten ruft die indischen Behörden dazu auf, ihre Haltung zu Wahlgeräten grundsätzlich zu überdenken. "Leider beharrt die Wahlkommission immer noch darauf, dass die Wahlgeräte perfekt und vollkommen manipulationssicher seien, obwohl es mittlerweile überzeugende Belege dagegen gibt." Dennoch bedeute der Nachweis von Unsicherheiten bei den Geräten nicht, dass man wieder zur Papierwahl zurückkehren müsse.

In den USA setzten die Behörden immer mehr auf Geräte mit einem "paper trail", bei dem die Wahlergebnisse nicht mehr allein im Speicher der Wahlgeräte gezählt, sondern parallel auch ausgedruckt werden. Damit sind die Wahlergebnisse für den Wähler transparent und auch später überprüfbar. "Um das beste Wahlsystem für Indien zu finden, ist die Wahlkommission auf jede Hilfe von Wissenschaftlern und Technikern angewiesen. Insbesondere benötigt sie die Hilfe von Leuten wie Hari Prasad", schreibt Felten. (anw)