Evgeny Morozov: Der Hauptfeind der Demokratie sitzt im Silicon Valley
Der Netzkritiker sieht die NSA nur als Teil des Problems der Ăśberwachung an. Es gehe bei der Debatte nicht nur um die Freiheit im Internet. "Es gibt keinen virtuellen Raum, es gibt keinen Cyberspace. Es gibt nur eine Welt."
Der Netzbeobachter und Internet-Kritiker Evgeny Morozov findet es wenig sinnvoll, in der aktuellen Debatte um die Ăśberwachung nur von der "Freiheit des Netzes" zu sprechen. "Wenn Sie zwei mehrdeutige Begriffe wie "Internet" und "Freiheit" miteinander verbinden, dann steht die Kombination einfach fĂĽr nichts. Ich verstehe nicht, was damit gemeint sein soll, wenn die Leute ĂĽber die Freiheit des Internets sprechen", sagte er im Interview mit Technology Review. "Es gibt keinen abgetrennten Raum, in dem diese Aufhebung von Gesetzen stattfinden kann. Es gibt keinen virtuellen Raum, es gibt keinen Cyberspace. Es gibt nur eine Welt."
Morozov glaubt, dass es um die Freiheit an sich geht. "Es ist doch nicht so, dass die NSA nur unsere Computer ĂĽberwacht. Die NSA erfasst Nummernschilder, sie wertet Ăśberwachungskameras mit Gesichtserkennungs-Software aus, sie speichert Anmeldungen in Hotels und so weiter." Wenn den Menschen das nicht gefallte, mĂĽssten sie etwas gegen Ăśberwachung unternehmen.
Die Gefahr gehe vor allem von den Machern im Silicon Valley aus, die die Welt retten wollten. "Die Entwicklung ist eigentlich anders gelaufen. In dem Maße, wie sich das Silicon Valley als Problemlöser positioniert hat, haben sich die angestammten Problemlöser – die gewählten Politiker – aus diesem Bereich zurückgezogen. Die waren froh, dieses Geschäft outsourcen zu können. Aber das ist keine naturgesetzliche Entwicklung."
Es gehe um die Zukunft der Demokratie. Die Frage sei, ob sich die BĂĽrger aktiv ĂĽber die sozialen und politischen Bedingungen, die ihr Leben bestimmen, beraten und ob sie diese Gesellschaft formen wollten. "Oder ob sie sich einfach damit zufrieden geben, das System mit ihren Daten zu fĂĽttern, sodass es ihr Verhalten optimieren kann." (Wolfgang Stieler)
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(bsc)