France-Télécom-Chef setzt Zeichen in Suizid-Affäre

Der neue France-Télécom-Chef Stéphane Richard will den Suizid eines früheren Mitarbeiters des Unternehmens als Arbeitsunfall anerkennen. Der Netzwerkspezialist hatte seinen Freitod in einem Abschiedsbrief mit den schlechten Arbeitsbedingungen bei dem Konzern begründet. Seit 2008 sollen sich 58 Mitarbeiter von France Télécom das Leben genommen haben.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der neue France-Télécom-Chef Stéphane Richard will den Suizid eines früheren Mitarbeiters des Unternehmens als Arbeitsunfall anerkennen. Richard gab seine Entscheidung genau ein Jahr nach dem Tod eines 51-jährigen Netzwerkspezialisten aus Marseille bekannt, der seinen Suizid in einem Abschiedsbrief mit den Arbeitsbedingungen bei France Télécom begründet hatte. Laut französischen Medien ist in dem Brief unter anderem von "Terror-Management" und massiver Arbeitsüberlastung die Rede. France Télécom war im vergangenen Jahr in die Schlagzeilen geraten, nachdem bekannt wurde, dass sich in einem Zeitraum von eineinhalb Jahren 24 der rund 100.000 Konzernmitarbeiter selbst umgebracht hatten. Bis heute soll die Zahl der Selbsttötungen auf 58 gestiegen sein.

France Télécom hatte in den vergangenen Jahren 22.000 Stellen gestrichen. Im Zuge der Umstrukturierung mussten zudem mehrere tausend Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz wechseln. Der durch die soziale Krise im Unternehmen stark geschwächte Richard-Vorgänger Didier Lombard gab die Führung der Konzerngeschäfte Ende Februar ab. Verschiedene Staatsanwaltschaften untersuchen seither, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen den Suiziden und den Managementmethoden des ehemaligen Staatskonzerns gibt. Die zuständige Gewerbeaufsicht hatte in einem Dossier für die Justiz unter anderem von Mobbing-Methoden in dem Unternehmen berichtet. Auf Warnungen von Gewerkschaften, Betriebsärzten und Krankenkassen sei völlig unzureichend reagiert worden.

Mit seiner Entscheidung, den Selbstmord des 51-Jährigen aus Marseille als Arbeitsunfall anzuerkennen, widerspricht Konzern-Chef Richard der Einschätzung der Aufsichtsbehörde IGAS und einer internen Untersuchungskommission. Beide hatten den Tod vor kurzem nicht als arbeitsbedingt bewertet. Ein Sprecher von France Télécom erklärte, jetzt müssten alle Anstrengungen unternommen werden, um diesen schmerzlichen Moment zu überwinden. Laut der Tageszeitung Le Monde soll der 51-Jährige, der einer von 66.000 France-Télécom-Mitarbeitern mit Beamtenstatus war, keine Nachkommen haben – der von der Presse als "symbolisch" beschriebene Akt Richards dürfte für den Staat also keine große finanzielle Belastung darstellen. (pmz)