Freihandelsabkommen mit der EU: US-Handelsvertreter warnt vor Datennationalismus

Der EU-Handelskommissar Karel de Gucht hat zusammen mit seinem US-Kollegen eine Bilanz der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP gezogen.

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  • Monika Ermert
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EU-Handelskommissar Karel de Gucht hat Anfang dieser Woche in Washington mit dem Handelsvertreter der USA, Michael Froman getroffen. Die beiden Beamten zogen während des zweitägigen Treffens erstmals Bilanz der Verhandlungen zum Trans-Atlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) . De Gucht versicherte danach, die EU werde weder beim Datenschutz noch bei der Nahrungsmittelsicherheit oder beim Umweltschutz zulassen, dass Standards abgesenkt werden. "Wir werden den EU-Markt nicht für Hormonfleisch öffnen, Punkt", sagte de Gucht.

Froman unterstrich in einem Vortrag im Center for American Progress zum TTIP und dem bereits weiter gediehenen Vertrag Trans-Pacific Partnership (TPP) die Bedeutung des "freien Datenflusses" und warnte auch vor zunehmendem "Datennationalismus". Ein "freies Internet" sei in der Handelspolitik der Obama-Regierung sehr wichtig. Gleichzeitig lobte Froman das mitunter als maximalistisch kritisierte Kapitel zum Schutz des Geistigen Eigentums. Den Vergleich mit dem gekippten Zensurgesetz SOPA wies Froman harsch zurĂĽck. Inwieweit das TPP beim Urheberrecht und Patentschutz als Blaupause fĂĽrs TTIP gelesen werden muss, ist offen.

Treffen zwischen Handelsvertretern der EU und der USA (4 Bilder)

Der US Trade Representative Michael Froman begrĂĽĂźt Karel de Gucht in Washington. (Bild: EU-Kommission)

Zwar sagte de Gucht, er habe mit seinem US-Kollegen alle Aspekte des TTIP-Deals besprochen, Marktzugang, Zölle, öffentliche Beschaffung und Ausschreibung sowie die so genannte Regulierungszusammenarbeit. Zu Zöllen hatten beide Seiten erstmals in der vergangenen Woche konkrete Vorschläge ausgetauscht – der EU-Vorschlag gehe dabei deutlich weiter als der der USA, sagte de Gucht. Doch Details zu einzelnen Sachfragen werden wie üblich noch hinter verschlossenen Türen verhandelt.

De Gucht und Froman bemühten sich jeweils darum, die Vorwürfe der Intransparenz zu entkräften. Die EU-Kommission hat eine erste breite öffentliche Anhörung zu den umstrittenen Investor State Dispute Settlements (ISDS) angekündigt und leistet sich seit kurzem eine TTIP-Beratergruppe, in der Industrievertreter und Verbraucherschutzverbände vor und nach den Verhandlungsrunden gehört werden sollen. Froman verwies seinerseits darauf, dass für die US-Handelspolitik ein "Public Interest Advisory Committee" eingerichtet wurde.

Beide Initiativen werden jedoch von Nichtregierungsorganisationen als Kosmetik kritisiert. Es sei ja schön, dass die US-Regierung endlich auf die öffentliche Empörung über eine Handelspolitik reagiere, die hinter verschlossenen Türen stattfinde und nur Industrielobbyisten mit an den Tisch hole, ätzte die Organisation Public Citizen. Ohne direkten Zugang zu den Verhandlungstexten bleibe die Handelspolitik einseitig bestimmt und intransparent.

So sehen es auch Aktivisten in der EU: Der EU-TTIP-Beraterausschuss erhalte selbst keinen Zugang zu den Texten, monierten Vertreter verschiedener Organisationen des Bündnisses TTIP unfairhandelbar während einer Podiumsdiskussion in der vergangenen Woche noch einmal. Verbraucherorganisationen würden marginalisiert, beschied auch die Grüne Europaparlamentarierin Eva Lichtenberger in der vergangenen Woche in einer Anhörung des Justizausschusses. In der zeigte sich auch eine Mehrheit von Abgeordneten skeptisch gegenüber den durchweg positiven Expertenstatements zur regulatorischen Zusammenarbeit zwischen den beiden Regionen.

Die Abgeordneten wiesen auf einen grundsätzlichen Gegensatz in den Regulierungskonzepten auf beiden Seiten des Atlantik hin: In den USA muss ein Regulierer die Schädlichkeit eines Produkts nachweisen, und zwar wissenschaftlich. In Europa muss der Anbieter die Unbedenklichkeit nachweisen, hier wird dem Vorsorgeprinzip ein Vorrang eingeräumt. Zwischen dem 10. und 14. März geht es dazu in Verhandlungsrunde 4. Beim Treffen von Froman und de Gucht seien auch Details zu Obamas Europabesuch im März besprochen worden, sagte de Gucht. Die beiden Handelsverantwortlichen wollen sich im Sommer zu einer weiteren Bilanz treffen. (anw)