Gefälschte Grafikkarten: Die Spur führt zu Point of View
Der deutsche Großhändler Kosatec versichert gegenüber c't, die Karte von Point of View bezogen zu haben - dort weist man die Verantwortung von sich.
Die gefälschten Nvidia-Grafikkarten, die sich derzeit auf dem deutschen Markt befinden, hat der Großhändler Kosatec ausgeliefert, der sich selbst jedoch als Opfer sieht. Geschwärzte Rechnungskopien, die c't vorliegen, zeigen, dass er sie von der niederländischen Firma Point of View bezogen hat. Doch Point of View distanziert sich von den manipulierten Produkten; in einem Schreiben an c't fordert die Firma vielmehr, nicht mehr im Zusammenhang mit den Vorfällen genannt zu werden.
Durch c't-Recherchen wurde kürzlich bekannt, dass bei zahlreichen deutschen Einzelhändlern gefälschte Nvidia-Grafikkarten erhältlich sind beziehungsweise waren. Ihre Produktnamen suggerieren eine GeForce GTX 660, jedoch sind es anscheinend lediglich alte Fermi-Grafikkarten mit manipuliertem BIOS und langsamem Speicher. Auch eine GeForce GTX 650 soll demnach betroffen sein.
Im Gespräch mit c't unterstrich Kosatec-Geschäftsführer Andreas Sander nun die Behauptung, dass die Karten direkt von Point of View stammen. Die Rechnungskopien sind auf den 2., 3., 16. und 18. Juli 2014 datiert und zeigen Aufträge unter den Item-Nummern V660-4096B und V650-4096B. Das sind die auf der Kosatec-Webseite veröffentlichten Herstellernummern, die den gefälschten Grafikkarten mit den Bezeichnungen "GTX660 4096MB Nvidia Bulk" und "GTX650 4096MB Nvidia Bulk " zugeordnet waren.
Kosatec erhielt laut eigenen Angaben genau diese vier Lieferungen mit jeweils beiden genannten Modellen. Insgesamt orderte Kosatec damit 293 Stück der GTX660 4096MB Nvidia Bulk und 110 Stück der GTX650 4096MB Nvidia bulk. Überdies hat uns Kosatec Fotografien der Sendungskartons zukommen lassen.
Kosatec erklärte in einer Stellungnahme: "Die Ware haben wir nachweislich direkt vom Hersteller Point of View als die beschriebenen Artikel bezogen. Wir versichern, dass wir zu keinem Zeitpunkt Kenntnis von einer Manipulation der Ware hatten oder uns ein dahingehender Verdacht bekannt war. Falls sich der Verdacht einer Fälschung bestätigen sollte, werden wir alle Kunden, an die wir den Artikel verkauft haben selbstverständlich über den Vorfall informieren, die Waren zurückrufen und den Kaufpreis erstatten."
Suchergebnisse im Netz lassen vermuten, dass unabhängig von Kosatec auch schon in Vergangenheit derartige Karten als Bulk-Versionen oder in Komplett-Systemen verbaut in den Handel gekommen sind.
Die Firma Point of View teilte der c't-Redaktion heute schriftlich mit, die erwähnten Produkte nicht selbst gefertigt zu haben. Damit bleibt derzeit die Frage offen, wer letztlich die Fälschungen produziert hat.
Point of View, mit Hauptsitz in den Niederlanden, ist auf der Nvidia-Webseite als Nvidia-Produktpartner gelistet. Die Fertigung vieler Produkte von Point of View erfolgt in China. Nvidia erklärte heute gegenüber c't, dass man den Fall ernst nehme und derzeit untersuche.
Update (29.08., 11:30 Uhr): Der Geschäftsführer von Point of View, Bjorn Solli, schickte c't eine Stellungnahme. Demnach will Point of View die noch beim Großhändler Kosatec befindlichen Karten zurücknehmen und die bereits in den Markt gelangten Karten zurückrufen:
"First, we are working to get the remaining cards at Kosatec to be sent to our office in NL, so we can check them here. Kosatec has already received the return instructions.
Second, we are investigating the matter to understand what happened, both internally and at the factory in China where the cards were produced
Third, we are working with Kosatec and will work with any retailer/etailer who have the cards, to recall from the market any products that don’t meet correct specifications."
Die ursprünglichen Recherchen von c't:
(mfi)