Grünes Licht für Ermittlungen gegen Geheimdienste in der Schweiz

Die Regierung der Schweiz hat Ermittlungen zugestimmt, die Spionagevorwürfe im Zusammenhang mit der NSA-Affäre untersuchen sollen.

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Von
  • Tom Sperlich

Letzten Sonntag hatte die Schweizer SonntagsZeitung über US-Spionagetätigkeiten in der Schweiz berichtet. Demnach sollen Agenten bereits seit 2005 – möglicherweise bis heute – in Genf Konsulate, Missionen und UNO-Einrichtungen im Umkreis von einem Kilometer um die US-Mission am UNO-Sitz observiert haben. Das Blatt beruft sich dabei auf verschiedene, ihr vorliegende Dokumente, die diese Aktivitäten belegen sollen.

Die schweizerische Bundesanwaltschaft hatte bereits vergangene Woche ein Strafverfahren gegen Unbekannt eröffnet – und zwar wegen Verletzung des Artikels 271 des Schweizer Strafgesetzbuches: "Verbotene Handlungen für einen fremden Staat". Hierfür habe es einen begründeten Anfangsverdacht gegeben. Allerdings muss erst der Bundesrat zustimmen, damit ermittelt werden kann. Laut Schweizer Medienberichten ist dies nun gestern geschehen.

Laut der Neuen Zürcher Zeitung NZZ habe die Bundesanwaltschaft "Kenntnis von diversen Aktivitäten fremder Staaten in der Schweiz". Es seien diesbezüglich verschiedene Abklärungen im Gang, die laufend analysiert würden, zitiert die Zeitung die Bundesanwaltschaft weiter.

Zuvor legten bereits auch andere Berichte nahe, dass die USA auf dem Dach ihrer Genfer Mission ebenfalls – wie es auch in Berlin vermutet wird – eine Abhörstation betreiben. Ende Oktober zitierte das Nachrichtenmagazin des Schweizer Fernsehens verschiedene namentlich genannte und ungenannten Experten, die in der amerikanischen UNO-Mission in Genf eine Zweigstelle der NSA ausgemacht haben wollen.

Wie Schweizer Medien kürzlich unter Berufung auf das Schweizer Außenministerium (EDA) meldeten, wollen die USA angebliche Spionageaktivitäten in ihrer Genfer UNO-Mission nicht kommentieren. Das EDA hatte bereits im Juni in einer diplomatischen Note Auskünfte verlangt. Die Vereinigten Staaten hatten daraufhin betont, dass sie die Schweizer Gesetze respektierten.

Auch deutsche Medien haben sich bereits mit den Schweizer Geheimdienstspekulationen beschäftigt. So benutze die NSA Abhörstationen in Skibsby (Dänemark) und der Schweiz, so in Leuk im Kanton Wallis und in Buchholterberg im Kanton Bern. Dies berichtete das ZDF-Magazin Zoom im vergangenen September. Mit den Einrichtungen soll laut Zoom auch die Telekommunikation in Deutschland abgehört worden sein. Und zwar seit die NSA im Jahr 2006 die Abhöranlage in Bad Aibling bei München dem deutschen Nachrichtendienst BND übergeben hatte. Unlängst davor wurde allerdings das neue, vom Schweizer Nachrichtendienst des Bundes (NDB) betriebene Satellitenabhörsystem Onyx operativ.

In diesen Anlagen filtert die Schweizer Armee im Auftrag des Geheimdienstes E-Mails, Telefongespräche und Faxübertragungen gezielt nach Schlüsselwörtern, schrieb danach die Zeitung Schweiz am Sonntag. Der NDB dementierte der Zeitung gegenüber einen direkten NSA-Zugriff. Jedoch bestätigte eine Sprecherin des Nachrichtendienstes gegenüber der Basler Zeitung, dass es einen Austausch von Daten zwischen NDB und NSA gibt.

Daten, die aus der Inlandsaufklärung stammen, würden aber nur dann weitergegeben, wenn dies dem NDB laut des Bundesgesetzes über die Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) gestattet sei. Dies sei beispielsweise dann der Fall, wenn die Weitergabe zur Wahrnehmung erheblicher Sicherheitsinteressen der Schweiz oder des betroffenen Staates unerlässlich sei, so die NDB-Sprecherin.

Den damaligen Recherchen der Schweiz am Sonntag und Zoom zufolge, habe die NSA sowohl mit der Schweiz als auch mit Dänemark eine geheime Vereinbarung abgeschlossen, die den Austausch von Geheimdienstinformationen regelt, schrieb die Schweiz am Sonntag weiter. Das Übereinkommen berechtigte die NSA, eigene Schlüsselbegriffe in die Abhörsysteme beider Staaten einspeisen zu lassen. Im Tausch für damit gewonnene Erkenntnisse erhalten der NDB und der dänische Geheimdienst PET von der NSA Informationen, die sie im eigenen Land aufgrund gesetzlicher Schranken nicht selber sammeln dürfen, so das Sonntagsblatt.

Die Schweizer Regierung hat sich mittlerweile schon mehrfach mit der Geheimdienstaffäre befasst, die nach den Enthüllungen von Edward Snowden ihren Anfang nahm. Der Bundesrat lehnt es bislang ab, die Verbindungen des Geheimdienstes mit ausländischen Diensten offenzulegen. Eine Geheimhaltung sei gerechtfertigt. Das Parlament werde über die Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte (GPDel) informiert. Derzeit untersucht die Geschäftsprüfungsdelegation die Kontakte des Nachrichtendienstes mit dem US-Geheimdienst NSA. Denn der für den Nachrichtendienst zuständige Verteidigungsminister Ueli Maurer versicherte jüngst, die Schweiz unterhalte keine Kontakte zur NSA.

[Update 13:35: Die Überschrift wurde geändert] (keh)