ICANN berät über die Rolle der Regierungen

Im Silicon Valley tagt zum 40. Mal die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers. Zu Beginn sprach sich der Chef der Aufsichtsbehörde NTIA des US-Handelsministeriums dagegen aus, dass Regierungen über Top Level Domains entscheiden.

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  • Monika Ermert

In San Francisco tagt derzeit zum 40. Mal die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Sie versucht in dieser Woche, Differenzen zur Einführung neuer TLDs mit den Regierungen beizulegen. Außerdem will der Vorstand am Freitag über die von vielen Regierungen abgelehnte Rotlichtdomain entscheiden.

Larry Strickling, Chef der US-amerikanischen Aufsichtsbehörde National Telecommunications and Information Administration (NTIA) des US-Handelsministeriums, hat sich auf dem Treffen dagegen ausgesprochen, dass Regierungen über neue Top Level Domains entscheiden; damit nahm er den vor Kurzem noch geäußerten Vorschlag zurück, dass jede Regierung neue TLDs per Veto verhindern können solle. Strickling betonte aber die künftige gemeinsame Rolle der Regierungen. Sie seien in der privaten Netzverwaltung entscheidend für die politische Nachhaltigkeit des gesamten Internetmodells. Das sei die größte Herausforderung der Internetpolitik der kommenden fünf Jahre.

Der NTIA-Chef, der über die Vergabe des IANA-Vertrages (PDF-Dokument), also der DNS-, IP-Adress- und Rootverwaltung entscheidet, rief die ICANN dazu auf, die Ansichten der Regierungen frühzeitig und nicht erst am Ende der Entwicklung neuer Regeln und Bestimmungen für das DNS zu berücksichtigen. Das außerordentliche Treffen zwischen Regierungen und Vorstand Anfang des Monats in Brüssel, auf dem die Regierungsvorschläge zur Zulassung neuer Top Level Domains angehört und evaluiert wurden, bezeichnete Strickling als "ersten wirklich bedeutsamen Austausch zwischen Vorstand und Regierungsbeirat".

Auf die Vorschläge von TCP/IP-Mitentwickler Vint Cerf, dass die USA die besondere Rolle der ICANN durch eine Änderung des IANA-Vertrag anerkennen sollte, ging Strickling nicht ein. Der frühere ICANN-Vorstandschef Cerf nannte das Ausschreibungsverfahren zu "starr", um das Verhältnis zwischen ICANN und dem Handelsministerium zu beschreiben; ein "kooperatives Abkommen" wäre seines Erachtens besser. ICANN-Chef Rod Beckstrom erläuterte gegenüber heise online, das bisher genutzte klassische Ausschreibungsverfahren beinhalte etwa die Bedingung, dass die Aufgabe zum Wohl der USA erledigt werden müsse. Die ICANN müsse jedoch dem globalen öffentlichen Interesse dienen.

Ira Magaziner, einer der ICANN-Architekten, unterstütze Strickling. Er berichtete aus der Entstehungszeit der ICANN, die Schaffung des neuen Konstrukts sei ein schwieriger Balanceakt zwischen totaler Anarchie im Netz und der Übernahme durch ein internationales Regierungsgremium gewesen. Die Internationale Fernmeldeunion (ITU) habe zu der Zeit bei der US-Regierung angeklopft, um das "Internet nach Jahren der Ablehnung der Internetprotokolle zu übernehmen". US-Senatoren und Abgeordnete hätten aber vor jeglichen Zugeständnissen an andere Länder gewarnt. Gleichzeitig habe es in den USA und bei einer Reihe von Regierungen, Zensur- und Besteuerungsideen fürs Netz gegeben. (anw)