IMAV 2010: Wettbewerb der Kleinstflieger

In Braunschweig tagt seit Dienstag eine internationale Konferenz zu Micro Air Vehicles (MAVs), in deren Verlauf sich die mitgebrachten Minidrohnen auch im Wettkampf messen.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Das Wort "Lethality" stand deutlich lesbar auf der Folie, die Virginia Young zum Abschluss ihres Eröffnungsvortrags auf der am Dienstag gestarteten "International Micro Air Vehicle Conference and Flight Competition" (IMAV) in Braunschweig projizierte. Doch die Forschungsdirektorin des "Aviation and Missile Research, Development, and Engineering Center" (AMRDEC) in Huntsville (Alabama) nahm den möglicherweise unwillkommenen Begriff nicht in den Mund, sondern nannte nur die ebenfalls auf der Folie stehenden Eigenschaften "Kooperation" und "Autonomie" als diejenigen, deren Verbesserung sich das Militär bei unbemannten Fluggeräten am meisten wünscht. Damit verschwieg Young ausgerechnet den Aspekt der Flugroboter, der seit Monaten für deren fast kontinuierliche Präsenz in den Weltnachrichten sorgt.

Allerdings geht es auf der IMAV auch nicht um die berüchtigten Predator- und Reaper-Drohnen, die ihre Raketen auf vermeintliche Terrorstützpunkte in Pakistan abfeuern. Im Mittelpunkt der Konferenz, die 140 Teilnehmer aus 13 Ländern in die Braunschweiger Volkswagenhalle gelockt hat, stehen vielmehr deren kleine Geschwister. Die sind derzeit aber noch viel zu schwach, um Waffen zu tragen.

Wenn in den Vorträgen am ersten Konferenztag Nutzlastkapazitäten angesprochen wurden, lagen diese zumeist im Bereich von wenigen hundert Gramm. Das reicht für Kameras, GPS-Empfänger oder auch chemische Sensoren. So berichtete Patrick Neumann von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung von einem gemeinsamen Projekt mit der Firma Airrobot, Quadrokopter für die Untersuchung von Gaswolken einzusetzen. Dafür wird der Flugkörper mit dem laut Herstellerangaben "kleinsten 5-Gasmessgerät der Welt" ausgestattet, das gleichzeitig die Konzentration von fünf verschiedenen Gasen bestimmen kann. Mit 250 Gramm Gewicht liegt es eigentlich um 50 Gramm über der Tragkraft des verwendeten AR-100, was die Einsatzdauer deutlich verkürzen kann. Die Forscher denken daher darüber nach, die Rotoren dazu zu nutzen, das Gas schneller in Kontakt mit dem Sensor zu bringen. Außerdem sollen mithilfe der Lagestabilisierung des Quadrokopters Windstärke und -richtung bestimmt und autonom nach der Quelle der Emissionen gesucht werden können.

Sensoren sind aber nicht nur Nutzlast, sondern essentieller Bestandteil unbemannter Fluggeräte. Denn um im kontrollierten Luftraum zugelassen zu werden, müssen sie ihre Umgebung sicher wahrnehmen können. Bislang ist das noch nicht gewährleistet. Flüge etwa eines Global Hawk müssen mehrere Tage vorher angemeldet werden, damit Luftkorridore dafür gesperrt werden können. Der Betrieb kleiner MAV (Micro Aerial Vehicle) erfolgt häufig unter Bedingungen der Modellfluglizenz.

"Sense and Avoid" ist daher ein großes Thema. Die Fluggeräte sollen Hindernisse rechtzeitig erkennen und ihnen selbstständig ausweichen können. Peter Langthaler von der österreichischen Firma AeroSpy schilderte in seinem Vortrag, welche Abwägungen dafür bei der Leistungsfähigkeit der Sensoren, der Geschwindigkeit des Flugzeugs und dessen Manövrierfähigkeiten berücksichtigt werden müssen. Das gemeinsam mit der Universität Linz entwickelte System soll jetzt vom österreichischen Militär getestet werden. Es ist mit sechs Kilogramm allerdings derzeit noch viel zu schwer für ein MAV.

Einen interessanten neuen Ansatz stellte Guido de Croon von der Delft University of Technology Emiel Tijs unter dem Titel "Hear-and-avoid for Micro Air Vehicles" vor. In Zusammenarbeit mit der niederländischen Firma Microflown wird hier die Orientierung an akustischen Signalen erforscht, die insbesondere bei großen Flugzeugen über größere Distanzen wahrgenommen werden können als mithilfe optischer Signale. Konventionelle Mikrofone sind hierfür jedoch nicht geeignet. Für die genaue Ortung verwenden die Forscher akustische Vektorsensoren, die sich unter Wasser bereits bewährt haben. Erst Tests waren vielversprechend: Der Propeller eines UAV konnte noch in 20 Meter Entfernung recht deutlich wahrgenommen werden.

Was die MAV heute schon können, zeigt sich in den kommenden beiden Tagen. Dann werden im Rahmen der IMAV Flugwettbewerbe durchgeführt, bei denen sowohl die Flugeigenschaften als auch die autonomen Fähigkeiten der Fluggeräte auf die Probe gestellt werden. 12 Teams haben sich für den Indoor-Wettbewerb angemeldet, der am Mittwoch in der Volkswagenhalle stattfindet. Mehr als doppelt so viele Teams, genau 25, zieht es dagegen ins Freie. Auf einem Segelflugplatz bei Gifhorn werden sie am Donnerstag demonstrieren, wie sicher sie in der Luft liegen und wie gut sie sich autonom orientieren können.

Siehe dazu auch folgende c't-Artikel:

(pmz)