Informatiker werden trotz Krise am Arbeitsmarkt gesucht

Im Vergleich zu vielen anderen Berufen haben IT-Spezialisten weiterhin gute Job-Aussichten - auch wenn die Firmen in ihrer Einstellungspolitik etwas vorsichtiger geworden sind, sagen Unternehmensberater und Wirtschaftsvertreter.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 340 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • dpa

Informatiker waren in den vergangenen Jahren in allen Branchen Mangelware. Zu wenige junge Leute begannen ein entsprechendes Studium, die Absolventenzahlen sind niedrig. "Das hat sich nicht wesentlich geändert", sagt Maurice Shahd vom Branchenverband Bitkom in Berlin. Das ist nur einer der Gründe, weswegen Informatiker auch in der derzeitig schwierigen konjunkturellen Lage keine großen Kündigungswellen fürchten müssen.

"Sie sind immer noch gesucht – auch wenn die Firmen etwas vorsichtiger sind in ihrer Einstellungspolitik", so auch Sörge Drosten, Leiter des Bereichs Informationstechnologie und Telekommunikation bei den Kienbaum Consultants in Köln. Es gebe eine leichte Tendenz zum vorsichtigen Agieren, denn "die Unternehmen sind in einer Abwartesituation", sagt er. Noch laufe der Budgetierungsprozess für das Jahr. "Man weiß noch nicht genau, was von der Marktseite zu erwarten ist."

Das erste Quartal dieses Jahres ist nach den Worten des Unternehmensberaters entscheidend für den weiteren Verlauf. "Im Frühjahr werden wir mehr wissen." Dass es allerdings richtig schlecht aussehen wird für die Experten der Informationstechnologie – damit rechnet niemand. "Informatiker besitzen nach wie vor eine Schlüsselqualifikation der digitalen Wirtschaft, aber die "Party" ist vorbei", meint Marco Zingler, Vorsitzender der Fachgruppe Agenturen im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) in Düsseldorf. "Im Vergleich zu vielen anderen Berufen in der Dienstleistungsbranche haben IT-Spezialisten weiterhin gute Job-Aussichten."

Über schlechte Entlohnung muss sich kaum ein Informatiker beklagen. "Es wird ordentlich bezahlt – aber die verrückten Gehälter aus der New Economy gibt es nicht mehr", sagt Shahd. Nach dem Platzen dieser Blase kurz nach dem Jahrtausendwechsel hatten zahlreiche sogenannte Spezialisten ihre Stellen verloren – hochdotierte Stellen, die sie für teils fragwürdige Qualifikationen bekommen hatten. "Diesen Fehler haben die Unternehmen nicht noch einmal gemacht", sagt Drosten. Es gebe heute einzelne ausgemachte Spezialisten, die ein sehr exaktes und gefragtes Wissen haben. "Die können auch noch immer viel Geld verdienen." Das liege vor allem daran, dass der Markt auf einigen Sektoren leergefegt ist.

Jungen Berufseinsteigern stehen nach Auskunft der Experten die Unternehmenstüren weiterhin offen. "Man sollte sich von solchen immer wiederkehrenden Schweinezyklen nicht beeinflussen lassen – Informatiker sind gesucht, werden gesucht, werden immer gesucht werden", betont Drosten. Allerdings: Mit dem Studium allein kommen sie nicht mehr weit. "Man darf sich nicht nur eindimensional in seinem Fach bewegen", betont Shahd.

Wichtiger denn je sei, Wissen auch über den Tellerrand hinweg zu erwerben. Besonders die "Bindestrich-Informatiker" oder Wirtschaftsingenieure mit IT-Schwerpunkt hätten immer gute Karten auf dem Arbeitsmarkt. Eine hohe Spezialisierung hingegen kann Vor- und Nachteile haben, wie Unternehmensberater Drosten sagt. "Da kann man einen richtig guten und hoch dotierten Job bekommen – oder man ist in einer Nische, die gerade voll ist. Dann muss man sich auf die allgemeinen Informatik-Kenntnisse verlassen."

Dazu brauchen Absolventen internationale Erfahrung, Englisch und betriebswirtschaftliches Verständnis. Auch nach guten Noten und der Studiendauer wird bei der Einstellung geschaut. Am wichtigsten aber sei, betont Drosten, die Erfahrung aus der Praxis: "Je mehr man als Absolvent Erfahrungen gesammelt hat, umso schneller ist man einsetzbar und hat Kontakte zu Firmen." Frühzeitig Erfahrung zu sammeln sei daher Gold wert, "auch ein Auslandsaufenthalt ist sehr hilfreich". Gut und notwendig sei zudem all das, was als Softskills zusammengefasst wird, sagt Shahd: "Teamarbeit, Kommunikation, Präsentationen" – das alles sollte man können.

Vielen Berufseinsteigern bleibe derzeit nicht viel anderes übrig, als Initiativbewerbungen zu schreiben. "Zahlreiche ausgeschriebene Positionen sind für Leute mit ein paar Jahren Berufserfahrung." Dennoch klagen Informatiker auf hohem Niveau: "Es gibt noch immer einen hohen Sockel offener Stellen", sagt Shahd. Und die Informationstechnologie ist inzwischen aus kaum einem Bereich des täglichen Lebens wegzudenken, auch wenn derzeit einige Projekt auf Eis liegen. "Es gibt weiterhin eine Vielzahl an IT-Projekten", sagt auch Marco Zingler. "Allerdings hat sich die Nachfrage aufgrund der Wirtschaftskrise auf ein gesundes Mittelmaß relativiert." (Verena Wolff, dpa) / (anw)