Internetwirtschaft diskutiert über die mobile Zukunft

Geschlossen oder offen – über die Zukunft des mobilen Webs haben in Köln Branchenvertreter auf dem Kongress des Verbandes der Deutschen Internetwirtschaft eco Kongress diskutiert.

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Von
  • Torsten Kleinz

Geschlossen oder offen – über die Zukunft des mobilen Webs haben am Mittwoch in Köln Branchenvertreter auf dem Kongress des Verbandes der Deutschen Internetwirtschaft eco Kongress diskutiert. Dort stellten Bettina Horster von der Beratungsfirma Vivai AG und Jörg vom Kantel Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte entgegengesetzte Standpunkte dar.

"Die Innovationen werden nicht mehr im Geschäft der Mobilfunktreiber gemacht", so Horster. Statt sich nur noch auf ihren angestammten Markt zu konzentrieren, sei die Verschränkung unterschiedlicher Dienste das Erfolgskonzept der Zukunft. "Die wertvolle Ware, um die die Firmen konkurrieren, ist das Adressbuch der Nutzer", sagte Horster. Branchenbeobachter erwarteten zudem eine zunehmende Bedeutung von App Stores. In einer Vivai-Umfrage sahen 78 Prozent den iPhone-Hersteller Apple auch in zwei Jahren in einer Führungsposition, 36 Prozent sehen Android mit in der Spitze, 10 Prozent trauen Microsoft mit seinem neuen Mobil-Betriebssystem eine führende Stellung zu. Nokia stand jedoch bei keinem der Befragten auf der Rechnung.

Horster warnte jedoch vor voreiligen Schlüssen, noch verkaufe Nokia mehr Geräte als die Konkurrenz, Smartphones hätten den Massenmarkt noch nicht vollständig erreicht. Auch könnten die App-Entwickler bisher kaum Umsätze generieren, die große Investitionen gerechtfertigten. Die neue Mobilplattform von Microsoft habe enormes Potenzial. Gegenüber Android habe Windows Phone 7 mit den rigideren Anforderungen an Hard- und Software einen entscheidenden Vorteil, da die Anwender nicht oder nur mangelhaft funktionierende Anwendungen nicht tolerieren wollten. Microsoft verhindere mit seiner Update-Politik, dass Provider bei den Geräten ihrer Kunden ihre eigenen Oberflächen installierten und so in die Software eingriffen. "Microsoft entmachtet damit die Mobilfunkbetreiber", erklärte Horster. So könne der Konzern eine stabile Plattform garantieren.

Kantel, EDV-Leiter des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte und Blogger, sagte hingegen, seit Bestehen des Netzes gebe es einen Kampf zwischen denen, die das Netz als Kommunikationskanal sehen und denen, die es als Distributionskanal nutzen wollen. In geschlossenen Plattformen wie dem iPad sieht Kantel eine Sackgasse. So sei das Gerät für die Anwendung in der Wissenschaft kaum tauglich: "Haben Sie schon einmal versucht, im Öffentlichen Dienst mit Kreditkarte zu bezahlen?"

Für seine Vision eines Wissensnetzes tauge das iPad aber besonders wegen seiner Geschlossenheit nicht, kritisierte Kantel. "Steve Jobs achtet wie ein Cerberus darüber, dass keine Programmiersprache auf das iPad kommt." Doch gerade Wissenschaftler seien darauf angewiesen, ihre Anwendungen selbst zu schreiben. Sie müssten zumindest über Skripte die Möglichkeit habe, die Ausgaben auszufiltern und anderen Anwendungen zuzuführen. Zudem müsse das Netz in Zukunft wieder mehr dezentral aufgebaut werden, um den Charakter des Kommunkationskanals aufrechtzuerhalten. Dass sein Institut nun doch für Mitarbeiter iPads angeschafft habe, begründet Kantel mit der guten Handhabung des Apple-Produkts: "Als E-Book-Reader macht das iPad schon etwas her." (anw)