Japan geht verschärft gegen Whistleblower vor
Whistleblower wie Edward Snowden sollen in Japan mit Androhung hoher Haftstrafen abgeschreckt werden. Die rechtskonservative Regierung will die Weitergabe von staatlichen "Geheimnissen" per Gesetz verhindern.
Während der Abhörskandal des US-Geheimdienstes NSA in Europa für Wirbel sorgt, bringt Japan ein umstrittenes Gesetz gegen den Verrat von Staatsgeheimnissen auf den Weg. Das Kabinett des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Shinzo Abe hat am Freitag eine Gesetzesvorlage verabschiedet, nach der die Weitergabe von "bestimmten Geheimnissen" zum Schutz der nationalen Sicherheit durch Beamte, Abgeordnete oder andere Personen mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden soll. Zugleich soll ein Nationaler Sicherheitsrat nach US-Vorbild gegründet werden. Kritiker befürchten einen Eingriff in die Pressefreiheit, da der Staat nach eigenem Gutdünken festlegen könne, welche Informationen künftig "bestimmte Geheimnisse" seien.
Die Regierung will das Gesetz während der noch bis 6. Dezember laufenden Parlamentssitzung verabschieden. Dabei geht es um den Schutz von geheimen Informationen bezüglich der Außen- und Verteidigungspolitik, Spionageabwehr und Anti-Terrormaßnahmen. Dazu dürften zum Beispiel Daten zu Waffensystemen und Munition gehören, Verteidigungscodes sowie Einzelheiten von Verhandlungen mit Regierungen anderer Länder. Wer solche Informationen weitergibt, dem drohen zehn Jahre Haft, wer die Weitergabe begünstigt, fünf Jahre. Nach bisherigem Recht droht Whistleblowern höchstens ein Jahr Haft.
Die buddhistische Partei Komeito, Koalitionspartner von Abes Liberaldemokraten, setzte einen Passus im Gesetzentwurf durch, wonach dem Recht der Bürger auf Information in hohem Maße Rechnung getragen werden soll. Bindend ist das jedoch nicht. Kritiker fürchten, dass die Regierung Informationen strenger kontrollieren kann und Beamte sich künftig zurückhalten könnten, mit Journalisten zu sprechen. Medien sollen laut Presseberichten "prinzipiell" von strafrechtlicher Belangung ausgenommen sein, es sei denn, sie verstoßen gegen Gesetze.
Anlass fĂĽr die Gesetzesinitiative der Regierung war ein Vorfall im Jahr 2010, bei dem ein Mitglied der japanischen KĂĽstenwache Videobilder vom ZusammenstoĂź zwischen zwei Schiffen der KĂĽstenwache mit einem chinesischen Fischerboot vor einer umstrittenen Inselgruppe im Ostchinesischen Meer ins Internet gestellt hatte. Der Streit um die Inseln belastet die Beziehungen beider Nachbarstaaten noch immer. (anw)