Kommentar zu Microsofts gekappter Android-Brücke: Astoria – nein, danke!
Die Abkündigung des Cross-Plattform-Projekts Astoria ist ein massives Entgegenkommen an Microsofts Entwicklergemeinde. Das ist zumindest die Meinung von Tam Hanna, der den Mobilcomputermarkt seit Jahren beobachtet.
- Tam Hanna
Seltsame Theorien lassen sich am einfachsten anhand einer kleinen Anekdote erklären. BlackBerry-Eigner Research in Motion lud im Jahr 2013 – wohl zum letzten Mal in der Geschichte des Unternehmens – nach Amsterdam. Ein Entwickler hatte eine aus dem Versicherungsvertrieb kommende Mitarbeiterin mitgebracht, die mit den Gepflogenheiten unter Informatikern nicht vertraut war.
Als ein nichtsahnender BlackBerry-Manager nach der Vorstellung neuer Funktionen für die Android-Runtime um Fragen und Feedback bat, konnte die Dame ihren Ärger kaum unter Kontrolle halten. Der Informatiker sah einer Hasstirade ins Auge, die ihresgleichen suchte – Ursache war, dass durch die Unterstützung von Android-Apps native Blackberry-Applikationen mit unnötiger zusätzlicher Konkurrenz konfrontiert wurden. Binnen kurzer Zeit war ein zustimmendes Grummeln anderer Entwickler zu vernehmen, die aufgrund harter Konkurrenz um Feature-Plätze ihren Ärger bisher unter Kontrolle hielten.
Ernten, wo man nicht gesät hat
Die zunächst befremdlich klingenden Einwände erweisen sich bei näherer Betrachtung als plausibel: Android ist und bleibt das mobile Betriebssystem mit der größten Verbreitung; wer maximale Reichweite will, ist mit Android am besten bedient. Dagegen ergaben Befragungen von Entwicklern, die mit .NET arbeiten, als Hauptmotivation immer wieder die geringere Größe des Markts: Eine Windows-Phone-Applikation steht deutlich weniger Konkurrenz gegenüber als eine App für Android oder iOS – so kann sich eine Marktnische als Vorteil entpuppen.
Microsoft hätte mit Astoria nativen Applikationen "den Boden unter den Füßen weggezogen": Wieso sollte ein Entwickler mit .NET arbeiten, wenn er mit Java sowohl Android als auch Windows Phone ansprechen kann und die Konkurrenz sowieso schon im Store ist?
Richtige Entscheidung
Auch wenn es den einen oder anderen User stört: Aus markttaktischer Sicht ist Microsofts Entscheidung völlig richtig. Meine Wenigkeit ist seit Windows 8 mit Sicherheit kein Freund Redmonds, aber für diese Entscheidung gehört den Leuten um Satya Nadella Respekt. (rme)