Kriminalbeamte: Kleinkarierte Debatte über Vorratsdatenspeicherung

Auf einem parlamentarischen Abend des Bundes deutscher Kriminalbeamter haben die im Bundestag vertretenen Parteien ihre Ansichten zur Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchung vorgetragen.

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Von
  • Detlef Borchers

Bernd Carstensen, stellvertretender Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BDK), hat die deutsche Debatte über die Vorratsdatenspeicherung als "kleinkariert" bezeichnet. Der BDK hatte die im Bundestag vertretenen Parteien zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, auf dem sie ihre Wahlprüfsteine kommentieren sollten. Darunter war die Frage, wie der Verfolgungsanspruch des Staates im Web durchgesetzt werden soll. Hierunter fallen die Vorratsdatenspeicherung und die Online-Durchsuchung.

Mit Ausnahme der FDP beantworteten alle Parteien die Wahlprüfsteine. Die gesamten Antworten sollen demnächst auf der Homepage des Verbandes verfügbar sein. In ihnen spricht sich nur die Linke eindeutig gegen Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchung aus. Sie fordert die Diskussion von datenschutz- und grundrechtskonformen Alternativen wie "Freezing" der Daten. Dies unterstrich die innenpolitische Sprecherin Ulla Jelpke.

Die Grünen, die den Einsatz von Spähsoftware "unter engsten Voraussetzungen" für zulässig erklärten, lieferten ein unklares Bild ab. Ihr innenpolitischer Sprecher Wolfgang Wieland erklärte, dass er als Jurist Deutschland in der Pflicht sieht, die EU-Richtlinie zur VDS umzusetzen, weil jeder verstrichene Tag Deutschland viel Geld kosten werde: "Entweder wir erreichen in Brüssel eine Änderung der Richtlinie oder wir müssen zahlen. Ich bin dafür, dass wir in Brüssel auf eine Änderung hinarbeiten."

Für die FDP trat der beamtenpolitische Sprecher Stefan Ruppert an. Er bedauerte, dass FDP-Modelle wie Quick Freeze oder ein "gegebenenfalls etwas breiteres Verfahren" kein Thema waren, auf das sich die schwarz-gelb Koalition hatte einigen können. Michael Hartmann, innenpolitischer Sprecher der SPD betonte hingegen, dass die Vorratsdatenspeicherung im Parlament derzeit eine Mehrheit habe, da sie von SPD und CDU/CSU unterstützt wird. Angesichts der hohen gesetzlichen Auflagen sei das Verfahren in Ordnung, sodass die SPD ausnahmsweise zustimmen werde, dieses Instrument einzuführen. Clemens Binninger, sein Gegenpart bei der CDU erläuterte, es gehe nur um Verbindungsdaten, die beim Provider ohnehin anfielen. Zum PRISM-Programm der US-Regierung erklärte Binninger: "Was da bekannt wurde, hat negative Auswirkungen in Hinblick auf die Akzeptanz in unserem Lande. So werden eigentlich vernünftige Maßnahmen diskreditiert."

Dazu, ob Bundeskanzlerin Merkel US-Präsident Obama bei seinem Besuch am 19. Juni "die Meinung sagen" sollte, wollte sich Binninger nicht äußern. Die Fakten seien zu neu, um sie bis zum Besuch Obamas gründlich bewerten zu können. Deutlicher äußerte sich Hartmann. "Wir müssen wissen, inwieweit unsere Bürger betroffen sind und müssen den USA sagen, dass hier eine Grenze überschritten ist." Die Tatsache, dass die USA einen großen Datenstaubsauger konstruierten, sei Teil einer "regelrechten Paranoia" des Landes.

Weitere Themen des parlamentarischen Abends waren die Besoldung der Kriminalbeamten und die Ausbildung. Hier erntete die Linke ein Lob vom BDK-Vorsitzenden André Schulz. Ihre Darstellung der angemessenen Bezahlung von Beamten in der Antwort auf die Wahlprüfsteine sei "perfekt". Schulz bedauerte, dass sicherheitspolitische Diskussionen in Deutschland ideologisch hoffnungslos zersetzt seien. Wenn die USA nun ein Zentrum für das Speichern aller Daten über die nächsten zehn Jahre ankündige, sei das schon einmal einen "Ansage". In Deutschland wolle man dagegen nur die VDS und die Möglichkeit zu einer Online-Durchsuchung. Diese Forderungen der Kriminalbeamten stünden unter einem für Praktiker nicht nachvollziehbaren Misstrauen gegenüber den Sicherheitsbehörden und ihren Mitarbeitern. (anw)