Libération will Wahlergebnisse früher als erlaubt veröffentlichen
Der französischen Tageszeitung Libération erscheint Im Zeitalter von Facebook, Twitter und Co. die Beschränkung, Wahl-Hochrechungen in Frankreich erst nach 20 Uhr veröffentlichen zu dürfen, nicht mehr zeitgemäß.
Die Franzosen wählen am kommenden Sonntag ihren Präsidenten, der Ausgang ist ungewiss. Zu den Regularien der Wahl gehört, dass erste Hochrechnungsergebnisse erst nach 20 Uhr veröffentlicht werden. Libération, eine der wichtigsten französischen Tageszeitungen, kündigte nun aber an, Ergebnisse schon früher veröffentlichen zu wollen, sollten die Abstände zwischen den Kandidaten groß und die Quellen vertrauenswürdig sein.
Als Folge der Libération-Ankündigung ist eine Grundsatzdiskussion darüber entflammt, ob das Veröffentlichungsverbot überhaupt gerechtfertigt ist. Teil des Problems sind die unterschiedlichen Öffnungszeiten der Wahllokale: In den meisten Bezirken schließen diese um 18 Uhr, weshalb zu diesem Zeitpunkt bereits erste Hochrechnungen vorliegen können. Da in den großen Städten aber noch bis 20 Uhr gewählt werden darf, besteht nun die Befürchtung, dass veröffentlichte Zahlen aus anderen Bezirken das Wahlergebnis möglicherweise beeinflussen könnten.
Im Zeitalter von Facebook, Twitter und Co. scheint diese Beschränkung nicht mehr zeitgemäß, da Ergebnisse häufig schon vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin ihren Weg in die digitalen Netze finden. Um dem einen Riegel vorzuschieben, sieht das französische Gesetz Strafen von bis zu 75.000 Euro für Privatpersonen vor, Firmen werden mit einem fünfmal so hohen Betrag belangt. Was ausländische Medien betrifft, ist die Lage unklar, sie sehen sich vor allem mit einer rechtlichen Grauzone konfrontiert. Während der Wahl sind die frankophonen Websites großer Tageszeitungen aus der Schweiz und Belgien eine beliebte Informationsquelle für französische Internetnutzer.
Am 22. April stellen sich alle Kandidaten zur Wahl. Erhält einer der Kandidaten die absolute Mehrheit, entfällt ein zweiter Termin. Ansonsten wird am 6. Mai zwischen den zwei Spitzenkandidaten des ersten Wahlgangs entschieden. Umfragen zufolge hält die Mehrzahl der Wähler einen Bruch des Embargos für "eine schlechte Sache". Man darf gespannt sein, wie sich die Medien und staatlichen Institutionen verhalten werden. (gil)