Lunar Robotics Challenge: Deutsches Team mit guten Chancen auf den Sieg

Aufgrund des schlechten Wetters konnte der Roboterwettbewerb auf Teneriffa gestern Nacht noch nicht beendet werden, sodass das endgültige Ergebnis noch aussteht.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Bei Weltraummissionen muss man immer mit Überraschungen rechnen, auch wenn sie auf der Erde stattfinden. So konnte wegen des sich verschlechternden Wetters auf Teneriffa gestern Nacht bei der Lunar Robotics Challenge noch kein offizieller Sieger ermittelt werden. Die endgültigen Resultate des Wettbewerbs können nicht wie geplant heute Nachmittag, sondern erst auf der Konferenz Astra 2008 vom 11. bis 13. November 2008 bekannt gegeben werden.

Vorläufig darf sich das Team Cesar vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Bremen begründete Hoffnungen auf den Sieg machen. Nachdem alle Teams in der Nacht auf Samstag gescheitert waren, gelang es dem Bremer Roboter gestern Nacht als einzigem, den roten Sand in einem Krater des Vulkans El Teide zu finden und 95 Gramm davon zum dafür vorgesehenen Behälter in der Landestation zu transportieren.

Allerdings kam auch dieser Lauf nicht ohne manuelle Eingriffe aus. So stürzte der Roboter beim Abwurf der Relaisstation für die Funkkommunikation am Kraterrand. Auf horizontalem Untergrund hatte das Manöver zuvor gut funktioniert, doch durch die Schräge hatte sich offenbar der Schwerpunkt verschoben, sodass sich die Relaisstation nicht ordentlich löste. Nach einer kurzen Reparatur wurde die Station von Hand platziert und die Mission vom Kraterrand aus fortgesetzt.

Systematisch steuerten die drei Operatoren den Roboter durch den Krater, wo sie nach einer Weile auch tatsächlich den auf einer Plastikfolie aufgehäuften roten Sand fanden. Der gestern wieder deutlich aufgefrischte Wind hatte die mit Steinen beschwerte Folie jedoch teilweise über die Probe geweht, sodass sie für den Roboter unzugänglich war. Nachdem einer der Organisatoren die Folie befestigt hatte, konnte der Roboter ausreichend Sand in sich hinein schaufeln und die Rückfahrt antreten. Dabei bewährte sich, dass die Relaisstation nicht nur die Funkverbindung gewährleistete, sondern mit ihrem roten Blinklicht auch als Orientierungspunkt für die Navigation diente.

Lunar Robotics Challenge: Deutsches Team mit guten Chancen auf den Sieg (6 Bilder)

Auf der Landestation wartet Cesar auf das Startzeichen. Das von Lasern projizierte rote Kreuz dient den Operatoren als Orientierungshilfe.

Schwierig wurde es dann noch einmal beim Besteigen der durch eine rechteckige Kiste dargestellten Landestation. Der erste Anlauf scheiterte daran, dass die Kiste an der angesteuerten Seite zu hoch war. Nach einem Sturz musste der Roboter noch einmal von Hand aufgerichtet werden. Dann konnte der Behälter für die Bodenprobe nicht präzise genug angesteuert werden. Doch schließlich rieselten die roten Steinchen in die kleine weiße Schüssel und beendeten damit eine souverän gesteuerte Robotermission.

Zwar dürften die manuellen Eingriffe für Punktabzüge sorgen, die aber durch die ansonsten erfolgreiche Bewältigung aller geforderten Aufgaben mehr als aufgewogen werden. Als bislang einziger Mitbewerber hatte es das ebenfalls aus Bremen angereiste Jacobs Robotics Team in der vorangegangenen Nacht zumindest bis in Sichtweite der Bodenprobe geschafft.

Nach dem DFKI-Team ging die ETH Zürich mit ihren Robotern an den Start. Ihr Konzept war ähnlich wie bei den Bremern: Ein Roboter sollte am Kraterrand stehen bleiben, um von dort die Funkverbindung aufrechtzuerhalten und Navigationshilfe zu geben. Allerdings handelte es sich in diesem Fall um einen radgetriebenen Rover, während für den Abstieg in den Krater ein vierbeiniger Laufroboter vorgesehen war. Der wiederum war mit der Landestation durch ein 80 Meter langes Kabel verbunden, das durch einen weiteren, stationären Roboter, den "Spaghetti-Bot", straff gehalten werden sollte. Gleich zu Beginn sprang es jedoch aus den Führungsrädern und musste manuell wieder eingefädelt werden.

Auch der Rover erwies sich als untauglich für den Untergrund. Statt vorwärts zu fahren, grub er sich immer tiefer in den Sand. Schließlich wurde er zum Kraterrand getragen, während der Vierbeiner sich langsam aber sicher zum Kraterboden vorarbeitete. Nachdem ein Bein ausgefallen war, kam dieser aber nur noch sehr mühsam vorwärts und hatte praktisch keine Chance mehr, die Bodenprobe zu finden. Nach etwas über einer Stunde brach das Team die Mission ab.

Während das Team der Sant'Anna School of Advanced Studies aus Pisa seinen sechsbeinigen Laufroboter pESApod zum Krater brachte, versuchten die Finnen noch einmal ihr Glück. Der Abstieg in den Krater gelang ihnen sehr flott. Doch als der Roboter eine Kraterwand hinauf fuhr, offenbar um sich von dort einen besseren Überblick zu verschaffen, ging wieder, wie in der Nacht zuvor, der Kontakt verloren. Der Roboter rollte auf einmal zurück und musste von Hand aus dem Krater geschoben werden.

Inzwischen hatte sich der Wind verschärft und trieb dichte Nebelwolken über das Gelände. Die Kälte und die Feuchtigkeit bereiteten dem Sechsbeiner aus Pisa mit seinen 23 Aktuatoren und der frei liegenden Elektronik Probleme. Theoretisch sind Laufmaschinen am besten geeignet, mit komplexem, unvorhersehbarem Gelände zurechtzukommen. Aufgrund ihrer eigenen Komplexität sind sie aber auch besonders fehleranfällig.

Während pESApod langsam ein Bein nach dem anderen nach vorne schwenkte, um dann den ganzen Körper einige Zentimeter nach vorne zu schieben, beobachteten die Teammitglieder besorgt den Nebel. Nachdem sie so lange auf ihren Einsatz gewartet hatten, zögerten sie offensichtlich, den Versuch abzubrechen. Unterdessen schaffte es der Roboter nicht, sich mit den Vorderbeinen weit genug aufzurichten, sodass er sich mehr und mehr in den Sand schob. Schließlich kam er gar nicht mehr voran, stattdessen rutschten die Beine nach hinten.

Um kurz nach zwei Uhr hatte Wettbewerbsleiter Gianfranco Visentin dann ein Einsehen. Bevor die Laufmaschine ernsthaften Schaden nahm und auch die menschlichen Teilnehmer noch mehr durchnässt wurden, beendete er die Veranstaltung für diese Nacht.

Zur Lunar Robotics Challenge siehe auch:

(Hans-Arthur Marsiske) / (ad)