Maßgeschneiderte Notebooks für Boliviens Schüler

Während hierzulande Schulen selbst sehen müssen, wie sie den Umstieg ins digitale Zeitalter schaffen, lässt die bolivianische Regierung eigene Laptops bauen und verteilt sie kostenlos an die Schulen. Es ist auch ein weiterer Schritt zum Aufbau einer heimischen Hightech-Industrie.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 64 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Boi Feddern

Um Bolivien auf die Weltkarte der Hightech-Industrie-Standorte zu hieven, geben sich die (Zentral-)Banken des Landes gerne spendabel. Nach zuletzt 900 Millionen US-Dollar in den Aufbau einer heimischen Akku-Produktion, investierte das Land außerdem fast 60 Millionen US-Dollar in eine eigene Computer-Montagefirma.

Der bolivianische Präsident Evo Morales mit Quipus-Geräten

(Bild:  Min. de Comunicacion )

Staatspräsident Evo Morales überreichte am Donnerstag die ersten Geräte des jungen staatlichen Computerfertigers Quipus persönlich an Schüler. Die Notebooks des Typs Kuaa – in der Guarani-Sprache steht das für "Wissen" – entsprechen von der Ausstattung weitestgehend dem Intel Classmate Convertible mit Intel Celeron 847.

Die mit einer Dual-Boot-Installation (Windows 8.1 und Linux) versehenen Kuaa-Systeme haben Intels Lab Cam an Bord und sind mit allerlei Software vorbespielt – neben Open-Source-Programmen gehört Office von Microsoft dazu. Die 320 GByte große Festplatte enthält zudem elektronische Literatur zu Unterrichtszwecken.

Im ersten Schritt sollen bis Oktober zirka 160.000 Schüler der Abschlussklassen an staatlichen Schulen ein Kuaa-Notebook erhalten, die das Gerät aber nicht mit nach Hause nehmen dürfen. In Zukunft soll das Classmate dann auch frei an Schüler privater Schulen sowie Privatanwender verkauft werden und angeblich im Vergleich zu importierten Geräten mit ähnlicher Hardware-Ausstattung um 30 Prozent günstiger sein – nur 30 Prozent kritisieren Blogger wie Fernando Balderrama, die im nicht-exklusiven Einsatz von Linux eine verpasste Chance sehen.

Dem bolivianischen Online-Portal La Razón zufolge plant Quipus bis Jahresende die Produktion um drei Geräte zu erweitern: den schnelleren Siwi mit 14- statt 10-Zoll-Display, das Winz-Notebook Kuti ("Ring") mit 7-Zoll-Display und das 10-Zoll-Tablet Kunan ("Weisheit"). Die Kunans sind nicht für den Schuleinsatz gedacht, sondern sollen in erster Linie die breite Bevölkerung begeistern – ebenfalls mit besonders günstigen Preisen versteht sich.

Seit es die Classmates gibt, sieht das Konzept vor, dass bei größeren Stückzahlen vor Ort eine Montage- und Wartungsfirma eingerichtet wird, die das Gerät montieren und reparieren. Die Teile stammen meist aus Taiwan oder China – dort wurden auch die bolivianischen Arbeiter ausgebildet.

Für die Classmates "Made in Bolivia " haben inzwischen angeblich auch schon Argentinien, Ecuador und Peru Interesse angemeldet, die aber dann erst frühestens 2015 beliefert werden könnten – dazu müssen erst die Produktionskapazitäten deutlich ausgebaut werden. Noch ambitionierter erscheint im Moment nur der Plan, künftig auch Akkus aus bolivianischer Produktion in den Geräten zu verwenden. Dazu müssen erst noch einige technische Probleme gelöst werden – und die passenden Maschinen beschaffen. (anw)