Menschenrechtskommissar kritisiert mangelhafte Geheimdienstaufsicht in Deutschland

Der Menschenrechtskommissar des Europarats kritisiert eine Reihe von Mängeln der deutschen Geheimdienstaufsicht. So seien die parlamentarischen Aufseher zu wenige und hätten nicht die nötigen Ressourcen. Berlin widerspricht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 20 Kommentare lesen
BND

(Bild: dpa, Soeren Stache)

Lesezeit: 3 Min.

Der Menschenrechtskommissar des Europarats hat Unzulänglichkeiten bei der Geheimdienstaufsicht in Deutschland kritisiert. In seinem nun vorgelegten Bericht zu Aspekten der Menschenrechte in Deutschland schreibt Nils Muižnieks unter anderem, er sei "besorgt über das Fehlen von Ressourcen und Fachwissen seitens der Aufsichtsgremien". Mit ihren insgesamt 13 Mitgliedern und "einem kleinen Sekretariat" stünden die G10-Kommission und das Parlamentarische Kontrollgremium allein 6000 BND-Mitarbeitern gegenüber. Gleichzeitig hätten sich die Aufgaben der G10-Kommission in jüngster Zeit sogar noch erhöht.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Der Kommissar hatte im Frühjahr die Bundesrepublik besucht und sich dabei auch über die Geheimdienste informiert. Bereits im Juni hatte er in einem Interview mit c't erklärt, dass die Geheimdienstkontrolle seiner Meinung nach in keinem europäischen Land ausreichend sei. Für Deutschland ergänzte er nun, dass es keinen IT-Experten im Sekretariat der G10-Kommission gebe, "der in der Lage wäre, mit den Entwicklungen der digitalen Welt Schritt zu halten". Auch könne die Bundesbeauftragte für Datenschutz zwar um Hilfe gebeten werden, das passiere aber nicht. Weil es kein allgemeines Kontrollgremium gebe, sei die Geheimdienstaufsicht außerdem sehr fragmentiert.

Das die Bundesregierung und damit ein Teil der Exekutive die Aufsichtsbereiche selbst festlege, bezeichnet Muižnieks dann noch als gravierenden Mangel. Deswegen erfahre die G10-Kommission beispielsweise nur von rund 10 Prozent der gesamten Überwachung, die der Bundesnachrichtendienst durchführe. Grund dafür ist seiner Meinung nach die Einschätzung des BND, rein ausländische Kommunikation unkontrolliert überwachen zu dürfen. Das sei aber mindestens strittig und diese "Grauzone" müsse geschlossen werden. Das gelte auch für die Mängel bezüglich der Benachrichtigung von Überwachungszielen. Eigentlich müssten überwachte Personen im Nachhinein informiert werden, damit sie sich eventuell juristisch wehren können. Das sei in der Praxis jedoch die Ausnahme.

Nach dieser teilweise sehr scharfen Kritik fordert Muižnieks eine Stärkung der parlamentarischen Geheimdienstkontrolle. Der Erhöhung des Haushalts der Nachrichtendienste müsse auch eine entsprechende Erhöhung des Haushalts der Kontrolleure gegenüber stehen. Darüber hinaus müssten die Behörden garantieren, dass die Aufseher Zugang zu allen relevanten Informationen erhalten, "ungeachtet ihres Geheimhaltungsgrads". Weiterhin müssten die Aufsichtsgremien in die Lage versetzt werden, die Einhaltung der Menschenrechte, etwa bei der Kooperation der Dienste mit ausländischen Partnern, zu überprüfen. Deutschland müsse die Lehren aus den Snowden-Enthüllungen ziehen.

In einer Stellungnahme hat die Bundesregierung die Kritik bereits zurückgewiesen. So sei die Grundannahme, die Regierung würde nicht wahrheitsgemäß berichten und Regierungsantworten müssten permanent geprüft werden, "der Bundesregierung fremd". Außerdem sei die Zuständigkeit der G10-Kommission gesetzlich geregelt. Entgegen der Auffassung des Kommissars habe das Bundesverfassungsgericht nach Ansicht der Regierung offen gelassen, ob Artikel 10 des Grundgesetzes (Fernmeldegeheimnis) auch für Kommunikation im Ausland gelte. (mho)