Mit Video-Überwachung gegen Graffiti
Das sauerländische Meschede hat sich mit Millionen-Investitionen aufgehübscht. Gegen Sachbeschädigung und Schmierereien sollen nun Videokameras aufgehängt werden. Datenschützer sind besorgt.
Meschede hat sich herausgeputzt. Mehr als 7 Millionen Euro wurden in die schönen Seiten der Kreisstadt im Sauerland investiert. Einst war das Flüsschen Henne unter einem Betondeckel versteckt, jetzt plätschert der Fluss wieder durch die Innenstadt. Allerdings locken die schönen, frisch getünchten Wände auch immer wieder Graffiti-Sprayer. Die 30.000-Einwohner-Stadt will mit Videokameras dagegenhalten. Datenschützer sind alles andere als begeistert. Andere Städte in NRW schauen gebannt auf den Ausgang des Verfahrens.
Datenschutzgesetz nicht auf neuestem Stand
"Es geht uns ja nicht darum, irgendjemanden zu überwachen", sagt der Chef des Ordnungsamts, Jochen Grawe. Er will die Überwachungsbilder verpixeln und nach 48 Stunden löschen lassen. Lediglich wenn mit dem Film eine Straftat aufgeklärt werden könne, solle nach Rücksprache mit Polizei und Datenschutz die Verpixelung für den fraglichen Zeitraum aufgehoben werden, lautet sein Vorschlag. "Das Persönlichkeitsrecht ist hoch anzusiedeln. Aber als das Datenschutzgesetz in Kraft getreten ist, gab es solche technischen Möglichkeiten doch noch gar nicht", sagt Grawe.
Es war immer wieder dasselbe: Kaum war ein Bauabschnitt fertig, prangte ein Graffiti auf den frischen Wänden. 10.000 Euro jährlich koste die Beseitigung, sagt Grawe. "Das ist viel Geld für eine Stadt, die mit jedem Euro rechnen muss." Allein 2013 habe die Stadt 20 Vorfälle angezeigt. "Dabei ist nicht ein einziges Mal ein Täter ermittelt worden."
Fünf Kameras sollen ausreichen
Auch der Datenschutzbeauftragte des Hochsauerlandkreises, Joachim Walter, ist kein Graffiti-Fan. "Das macht mich auch wütend, ich kann die Stadt ja verstehen." Aber das Gesetz gebe eine Überwachung in der Innenstadt nicht her. Kameras dürften lediglich da hängen, wo die Stadt Hausrecht habe. "Das ist vielleicht noch außen an der Rathaus-Mauer. Aber sobald der öffentliche Raum erfasst wird, ist Feierabend mit Video-Überwachung."
Fünf Kameras sollten ausreichen, die für Grawe kritischen Punkte zu überwachen. Doch bevor er die Anlagen kauft, will der Chef des Ordnungsamtes angesichts der unsicheren Rechtslage erst einmal eine Kamera leasen.
Der Städte- und Gemeindebund NRW hält sich da heraus. "Das ist Sache der kommunalen Selbstverwaltung", meint der Sprecher Martin Lehrer. In dem Verbund von 359 Kommunen ist auch Meschede Mitglied. "Die Hürden sind sehr hoch für eine Videoüberwachung im öffentlichen Raum", sagt er und verweist auf die 2011 in Bielefeld eingestellte Überwachung eines Parks durch die Polizei.
Auch in Meschede soll ein Park, in dem es schon Fälle von Vandalismus gab, neben der Innenstadt überwacht werden. Für den kommunalen Datenschützer Walter kommt die Kamera im Park überhaupt nicht in Betracht. "Da könnten Leute ihre Picknick-Decke auspacken und müssen dann damit leben, dass sie überwacht werden?"
Skeptischer Datenschützer
In NRW stehen derzeit nur in zwei Städten Überwachungskameras auf öffentlichen Plätzen, nämlich in den Altstädten von Düsseldorf und Mönchengladbach. Aufgebaut hat sie die Polizei. Beide Orte sind Kriminalitätsschwerpunkte mit Raub, Diebstahl und Körperverletzungen.
Ulrich Lepper, der Datenschutzbeauftragte von NRW, hat seine abschließende Beurteilung des Falls von Meschede noch nicht abgegeben. Doch er sieht das sehr kritisch. "Wir können im Moment nicht erkennen, auf welche Weise das zulässig funktionieren soll", sagt sein Sprecher Nils Schröder.
Falls in Meschede die Videoanlage wie geplant kommt, könnte der Datenschutzbeauftragte eine Beanstandung aussprechen. Aktiv werden müssten andere, etwa der Kreis oder die Bezirksregierung. (anw)