Netflix-Gründer findet deutsche Fernsehgewohnheiten merkwürdig
In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung prophezeit Reed Hastings das Ende des Fernsehens zu festen Sendezeiten und gibt Einblicke in die moderne Arbeitswelt.
Reed Hastings, Gründer der Videoplattform Netflix, ärgert sich über die seiner Meinung nach mangelnde Wertschätzung für das bewegte Bild. "Ich finde es merkwürdig, dass es gesellschaftlich anerkannt ist, einen Roman am Stück zu lesen", sagte der in Boston geborene US-Amerikaner in einem Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). "Wow, du hast die ganze Nacht gelesen?", hieße es dann, während das andere verdammt werde. Dabei schaue ja niemand alle 13 Folgen einer TV-Serie am Stück. Das Schöne sei ja nur, dass man endlich gucken könne, wann und wo und wie lange man immer wolle.
Im Übrigen wundert sich Hastings, dessen Unternehmen auch seit Herbst 2014 in Europa vertreten ist, über die in Deutschland vorherrschende Gewohnheit, abends zu einer bestimmten Zeit TV gucken. "Sonntagabend, 20.15 Uhr, ist bei Ihnen eine fest Zeit vor dem Fernseher. Davon habe ich gehört, kurios. Ich glaube nicht, dass Sie das noch in zehn Jahren tun werden." Das Auto habe ja auch das Pferd abgelöst. Die junge Generation kenne es nicht mehr: Da schaue jeder, wann er Lust und Zeit habe. Kundenzahlen aus Deutschland nannte Hastings nicht. Mit "Sense 8" (mit Max Riemelt) kommt im Sommer eine teils in Deutschland produzierte Serie bei dem Streamingdienst ins Angebot. Im Fokus von Netflix stehe derzeit der "riesige Markt" Europa. Darüber hinaus wolle man bis Ende 2016 in allen Ländern der Erde vertreten sein, selbst in instabilen.
Einen festen Arbeitsplatz hat Hastings nicht, da er häufig unterwegs oder in Meetings ist. Mit dem Laptop arbeitet er zwischendurch, etwa in der Kantine. Auch für seine Mitarbeiter gebe es keine festen Zeiten. "Das Ergebnis zählt, nicht die Arbeitszeit", so Hastings. Ideen für Firmengründungen habe er immer noch reichlich, doch verfolgt er sie nicht weiter. Denn, so die abschließende Erkenntnis: "Nicht jede meiner Ideen ist gut". (mit Material der dpa) (ur)