Neue Forderungen nach Vorratsdatenspeicherung
Langsam kehren auch die letzten Politiker aus den Sommerferien in die Arena Berlin zurück. Das ist Anlass genug für neue Forderungen mit den bekannten Argumenten.
Die deutschen Sicherheitsbehörden nutzen das Ende der Sommerpause in Berlin für ein erneutes Plädoyer für die Vorratsdatenspeicherung. Mit unterschiedlichen Argumenten werben Verfassungsschutz, Polizei und das Bundesamt für Sicherheit (BSI) in der Informationstechnik für das umstrittene Instrument.
Auf der Sommerakademie der Datenschützer in Kiel war es der Vizepräsident des Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der sich für die Vorratsdatenspeicherung stark machte. Rund 400 Islamisten mit deutschem Pass kämpfen in Syrien und im Irak, schätzt Thomas Haldenwang. 130 davon seien bereits wieder nach Deutschland zurückgekehrt, von ihnen gehe eine erhebliche Gefahr aus.
"Gerade nach Anschlägen können gespeicherte Verkehrsdaten der einzige Anhaltspunkt sein, den Tätern auf die Spur zu kommen", meint Haldenwang. Deshalb sei eine Neufassung der zuerst vom Bundesverfassungsgericht und schließlich vom Europäischen Gerichtshof gekippten Vorratsdatenspeicherung nötig.
"Sachliche Notwendigkeit"
Unterstützung erhielt Haldenwang von BSI-Vize Andreas Könen, der betonte, dass innerhalb des IT-Netzes des Bundes gemäß §5 des BSI-Gesetzes Verkehrsdaten 3 Monate lang gespeichert werden. Gerade bei Cyberangriffen, die im Voraus geplant werden, lieferten diese Daten klare Anhaltspunkte für einen Angriff.
"Es gibt eine sachliche Notwendigkeit für diese Speicherung bei 99 Prozent der Angriffe", meint Könen. "Wir haben aber auch Beispiele, wo Angriffe auf die IT des Bundes zwei Jahre in der Vergangenheit zurück liegen." Sieben Tage seien einfach zu wenig, meinte Könen unter Verweis auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) trommelt weiter für die Vorratsdatenspeicherung. Der NSA-Skandal "hat die Diskussion über eine rechtmäßige und vor allem verhältnismäßige Speicherung von Verkehrsdaten zurückgeworfen", bedauert der GdP-Vorsitzende Oliver Malchow dem heftigen "politischen Gegenwind".
"Politischer Gegenwind"
Malchow verweist auf ein vom Bundeskriminalamt angelegtes umfangreiches Archiv mit Fällen, die mangels Vorratsdatenspeicherung unaufgeklärt blieben. So konnten in einem konkreten Fall etwa Logdateien und IP-Adressen "mangels Vorratsdatenspeicherung jedoch nicht personifiziert werden".
Bereits auf der Sommerakademie der Datenschützer hatte sich der Grünen-Politiker Konstantin von Notz über den neuerlichen Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung aufgeregt. Mit hochrotem Kopf plädierte er für eine technische Selbstbeschränkung des Staates. Der AK Vorrat fürchtet unterdessen, dass die Vorratsdatenspeicherung im "Huckepack" mit dem vom Innenministerium vorgeschlagenen IT-Sicherheitsgesetz kommen wird.
Jenseits der festgefahrenen politischen Frontlinien meldete sich auch die Steuerberatergenossenschaft Datev zu Wort: Laut einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung lehnen zwei von drei Bürgern die Vorratsdatenspeicherung ab, ganz anders als die Speicherung von Fluggastdaten, die begrüßt wird. "Es ist überraschend, wie negativ die Vorratsdatenspeicherung wahrgenommen wird", wird Studienleiter Mathias Bug zitiert. (vbr)