Neue Galileo-Aufträge vergeben - Inbetriebnahme verzögert sich weiter

Die EU-Kommission hat am Donnerstag die ersten neuen Auftragnehmer benannt, die das europäische Satellitennavigationssystem Galileo endlich zur "Full Operational Capability" (FOC) führen sollen. Von einer Inbetriebnahme im Jahr 2013 ist nicht mehr die Rede.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die EU-Kommission hat am Donnerstag in Brüssel die ersten neuen Auftragnehmer offiziell benannt, die das europäische Satellitennavigationssystem Galileo endlich zur "Full Operational Capability" (FOC) führen sollen. Die Ausschreibung, die im Jahr 2008 nötig geworden war, nachdem sich die Mitglieder des zunächst für den Galileo-Aufbau vorgesehenen Konsortiums ESN Industries (früher Galileo Industries) zerstritten hatten, war in die sechs Hauptarbeitspakete "Systemtechnische Unterstützung", "Fertigstellung der Missionsinfrastruktur am Boden", "Fertigstellung der Infrastruktur für die Bodenkontrolle", "Weltraumsegment/Satelliten", "Starteinrichtungen" und "Betrieb" untergliedert worden.

Grafische Darstellung eines Galileo-Satelliten

(Bild: OHB)

Einen 85-Millionen-Euro-Vertrag über die "Systemtechnische Unterstützung" (Systemleistungstechnik, Weltraumsignaltechnik, Sicherheitstechnik, Bodensegmenttechnik) erhält demnach der französisch-italienische Konzern ThalesAleniaSpace. Die ersten 14 Galileo-Satelliten werden bei der Bremer OHB System AG bestellt und sollen laut EU-Kommission zusammen 566 Millionen Euro kosten. Mit "Startdienstleistungen" für den Transport von zunächst zehn Satelliten ins All wurde Arianespace (Frankreich) beauftragt – allerdings werden die Satelliten den Angaben zufolge nicht von Ariane-Trägerraketen transportiert, sondern von russischen Sojus-Raketen, die ab Oktober 2012 pro Flug je zwei Satelliten ins All bringen sollen. Das Auftragsvolumen beläuft sich hier auf 397 Millionen Euro.

Die restlichen drei Aufträge für die Bodeneinrichtungen, das Bodenkontrollsystem und den Betrieb des Galileo-Satellitennavigationssystems sollen laut EU-Kommission bis Mitte 2010 vergeben werden. Die bereits ausgehandelten Verträge, bei denen das "beste Preis-Leistungs-Verhältnis" ausschlaggebend gewesen sei, würden in den nächsten Wochen von den Unternehmen und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) im Namen der Europäischen Kommission unterzeichnet. Die Aufträge für die weiteren Satelliten – insgesamt sind 30 Galileo-Satelliten vorgesehen – will die EU-Kommission später an die OHB System AG oder die EADS-Astrium GmbH vergeben. Den Zuschlag soll jeweils das Unternehmen "mit dem günstigsten Angebot" erhalten.

Der Vorstandsvorsitzende der OHB System AG, Berry Smutny, bezeichnete die Entscheidung der EU-Kommission als einen "großartigen Erfolg für Bremen und den deutschen Mittelstand". Das Unternehmen kooperiert bei der Produktion der Galileo-Satelliten mit der britischen Surrey Satellite Technology Ltd. (SSTL), die bereits den Testsatelliten Giove-A gebaut hatte. Laut OHB wird SSTL die Navigationsnutzlast für die Galileo-Satelliten entwickeln und bauen sowie OHB bei der Endmontage der Satelliten in Bremen unterstützen. OHB war bislang vor allem auf dem Gebiet der Entwicklung von Kleinsatelliten für Wissenschaft, Kommunikation und Erdbeobachtung aktiv, zu den größeren Projekten zählt die Konsortialführerschaft beim militärischen SAR-Lupe-Programm, das fünf Aufklärungssatelliten umfasst. Darüber hinaus liefert OHB Komponenten für das Ariane-5-Programm und war am Bau des europäischen Forschungsmoduls Columbus für die Internationale Raumstation (ISS) beteiligt.

Nach den aktuellen Plänen soll das Galileo-System "ab Anfang 2014" zunächst einen kostenlosen offenen Navigationsdienst (Open Service), einen öffentlich regulierten Dienst (Public Regulated Service) sowie einen Such- und Rettungsdienst (Search and Rescue Service) bereitstellen. Ein sicherheitskritischer Dienst (Safety of Life Service) und ein kommerzieller Navigationsdienst würden "ab 2014 getestet", teilte die EU-Kommission weiter mit. Diese Dienste würden bereitgestellt, "sobald Galileo mit 30 Satelliten seine volle Funktionsfähigkeit erreicht". Um ein endgültiges Scheitern des Projekts zu verhindern, hatte sich die EU im Frühjahr 2008 auf eine Vorfinanzierung der restlichen 2,1 Milliarden Euro geeinigt, die für die Errichtungsphase des Galileo-Systems benötigt werden. Im Gegenzug sollen die während der Betriebsphase über kommerzielle Galileo-Dienste erwirtschafteten Einnahmen teilweise der Europäischen Gemeinschaft zufließen. (pmz)