Neue Regeln für Domain-Bewerber

Das Regelwerk für Bewerbungen um eine neue Top-Level-Domain wird mit jedem Entwurf dicker. Auf 400 Seiten kommt die von der ICANN vorgelegte vierte Fassung, die Zulassung und Betrieb neuer TLD gegen Missbrauch absichern sollen.

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Von
  • Monika Ermert

Für Bewerber um neue Top-Level-Domains (TLD) wie ".berlin", ".fussball" oder ".bayern" gibt es viel zu tun. Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat die auf fast 400 Seiten angeschwollene vierte Fassung (PDF Datei) des Bewerberhandbuchs vorgelegt. Immer neue Regeln sollen Zulassung und späteren Betrieb der neuen Adresszonen gegen alle Arten von Missbrauch absichern.

Neu ist in der vierten Entwurfsfassung etwa ein Vorschlag, wie der Missbrauch der von der ICANN geschaffenen Einspruchsregeln verhindert werden soll. Einsprüche gegen neue TLDs aufgrund öffentlicher Moralvorstellungen, die ganz offensichtlich unberechtigt sind, sollen laut dem Entwurf im Schnellverfahren ("Quick Check", PDF Datei) ausgeschlossen werden. Zulässig sind nach Angaben der ICANN Einsprüche auf der Basis von "Moral und öffentlicher Ordnung", wenn Domainendungen Aufrufe zur Gewalt oder Diskriminierung enthalten oder in irgendeiner Weise zur Verbreitung von Kinderpornographie und zum Kindesmissbrauch anstiften.

Die Abwägung gleicht einer Gratwanderung. Unbegründet wäre nach ICANN-Regeln ein Einspruch gegen eine TLD, die nur "möglicherweise illegale" Aktionen anspreche – wenn es etwa um zivilen Ungehorsam oder Steuervergehen geht. Auch beleidigende Domainendungen fallen aus den Einspruchsregeln heraus; markenrechtliche Einspruchsmöglichkeiten bleiben allerdings erhalten. Wer nach einem "Quick-Check" abgewiesen wird, soll laut Vorschlag das Recht auf einen weiteren Einspruch gegen die TLD verwirkt haben.

Noch bis zum 21. Juli kann das neue Regelwerk kommentiert werden. Wirklich überblicken können den Wust von Regeln wohl nur noch wenige. So dürfte kaum ein europäischer Datenschützer die Vorschläge zu einem zentralisierten Zugang zu allen gTLD-Zonendaten überprüft haben. Der Massenzugriff (bulk access) auf Zonendaten – etwa für Strafverfolger oder Registries – wird als unerlässliches Instrument im Kampf gegen betrügerisches Verhalten von Domaininhabern begründet. Kritiker warnen allerdings seit Jahren, dass der Datenzugriff leicht missbraucht werden kann.

Immerhin hat sich die zuständige ICANN-Arbeitsgruppe offenbar dazu durchgerungen, statt einer einzigen großen Datenbank eine Kombination aus Clearingstelle und Standardisierung des Zugriffs zu befürworten. Das heißt nicht, dass die Zentraldatei schon vom Tisch ist. Die wenigen aktiven Verbände, etwa der US-Markenrechtslobby, haben durchaus noch eine Wunschliste zum Bewerbungsverfahren – unter anderem, dass das Konzept der Hochsicherheits-TLD für alle TLD verbindlich wird.

Einen beachtlichen Kotau vor den Regierungen hat die ICANN mit Blick auf Länder- und Regionsnamen gemacht. Diese Kategorie darf nun nach vielfachen Beschwerden der Regierungen gar nicht als generische TLD beantragt werden – die Bewerber für ".africa" müssen also wohl warten, bis ein eigenes Verfahren für Regionsnamen kommt. Das dürfte dann wieder etwas länger dauern, beim bevorstehenden ICANN-Treffen in Brüssel will man erst einmal dem Start des gTLD-Verfahrens einen großen Schritt näher kommen. (vbr)