OpenLeaks-Gründer wollen ihre Wikileaks-Schlüssel vernichten

Im Streit um OpenLeaks und die von Wikileaks mitgenommenen Daten sind die Gründer der neuen Whistleblower-Plattform um Schadensbegrenzung bemüht und wollen nun ihre Zugangsschlüssel zu Wikileaks vernichten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 124 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Die inzwischen bei der Konkurrenz-Plattform OpenLeaks engagierten Wikileaks-Aussteiger wollen einem Bericht des Freitag zufolge alle Zugangsschlüssel zu den etwa 3000 mitgenommenen Dokumenten unter anwaltlicher Aufsicht vernichten. Die Aussteiger, die das Whistleblower-Projekt im Frühherbst 2010 verlassen hatten oder von Gründer Julian Assange ausgeschlossen worden waren, wollen damit unterstreichen, dass OpenLeaks kein Interesse an dem mitgenommenen Archiv hat. Zum Test von OpenLeaks während des Chaos Communication Camp 2011 war vermutet worden, das die neue Plattform diese Dokumente selbst veröffentlichen könnte.

Als Assange seinen Weggefährten Daniel Domscheit-Berg von der Mitarbeit bei Wikileaks ausschloss, verließen weitere Aktivisten die Organisation – darunter ein Wartungstechniker und der "Architekt", der die Abgabeplattform von Wikileaks entwickelt hatte. Bei seinem Ausstieg nahm der "Architekt" diese Plattform samt der rund 3000 darauf abgelegten Dokumente mit. Dass sich diese Dokumente im Besitz der OpenLeaks-Gründer befanden, wurde mit der Vorstellung des Buches "Inside Wikileaks" von Domscheit-Berg bekannt. Dieser erklärte, die Dokumente an Wikileaks übergeben zu wollen, wenn Assange sie sicher aufbewahren und angemessen veröffentlichen könne.

Um Missverständnisse auszuräumen wollen die OpenLeaks-Aktivisten ihre Zugangsschlüssel zu Wikileaks vernichten. "Architekt" und Techniker verfügen über umfassende Zugangsschlüssel, die auch die Einsicht in die Dokumente gestatten, während etwa Domscheit-Berg nur einen Schlüssel für seinen Wikileaks-Bereich besitzt. Ähnlich dürfte es um die Wikileaks-Schlüssel stehen, die die IMMI-Aktivistin Birgitta Jonsdottir und Smari McCarthy haben. Beide hielten im Camp-"Village" von Openleaks Vorträge über die Notwendigkeit eines weitreichenden gesetzlichen Schutzes von Whistleblowern ab.

Diese unterschiedlichen "Besitzverhältnisse" führten zu Unklarheiten, an denen Domscheit-Berg mit vagen Angaben nicht schuldlos war. Gegenüber dem Freitag bedauerte er, dass ihm unpräzise Formulierungen "durchgerutscht" seien. Diese führten indes zu seinem Ausschluss aus dem CCC, in dem das Vorstandsmitglied Andy Müller-Maguhn eine Vermittlerrolle spielen wollte. Müller-Maguhn fühlte sich unter anderem von der Aussage Domscheit-Bergs "getäuscht", er habe das Material nicht und leitete deshalb das Ausschlussverfahren ein.

Ob die dokumentierte Vernichtung der Zugangsschlüssel ausreicht, die Wogen zu glätten, darf bezweifelt werden. Mindestens die "Platte" (CCC) oder der "Datenträger" (OpenLeaks) mit den 3000 für Wikileaks bestimmte Dokumenten müsste auch vernichtet werden. Zur Prüfung, ob es sich um die strittigen Dokumente handelt, müsste indes aber ein Schlüssel vorhanden sein. Die Gegenprüfung könnte nur Julian Assange vornehmen, der im Besitz des Zentralschlüssels ist. Da die 3000 Dokumente als verschlüsselte Torrent-Datei die Runde machten, sind sie nicht verloren. Ob sie noch aktuell sind oder Whistleblower nicht längst andere Wege genommen haben, die Öffentlichkeit zu informieren, ist eine andere Frage. (vbr)