Polizeikongress diskutiert über Cyberwar, Vorratsdaten und Flüchtlinge

Zum Abschluss des Kongresses zeigten sich die Innenminister aus Berlin, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Brandenburg bei Themen wie Vorratsdatenspeicherung und Cyberwar weitgehend einig.

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Von
  • Detlef Borchers

Mit einer Diskussionsrunde der Innenminister der Bundesländer endete am gestrigen Mittwochabend der 14. europäische Polizeikongress. Von den Flüchtlingen in Lampedusa und ein europäisches Asylrecht über die Vorratsdatenspeicherung bis zur Cyber-Abwehr wurde ein breites Spektrum an Themen angesprochen. Dabei wurden zwischen Erhardt Körting (Berlin), Ralf Jäger (NRW), Boris Rhein (Hessen) und Dietmar Woidke (Brandenburg) kaum Differenzen offenbar.

Das geplante Cyber-Abwehrzentrum des Bundes sei ein guter Anfang in einer hochkomplexen Gefährdungslage, waren sich die Innenminister einig, ähnlich wie die Abgeordneten tags zuvor. Rhein erklärte, dass viele "den Ernst des Themas überhaupt noch nicht begriffen" hätten. Es gebe eine neue Bedrohungslage durch die "enorme Professionalisierung der Hackerszene und Internationalisierung der Angriffe".

Die Minister zeigten sich über die Schutzlücken besorgt, die sich durch die fehlende Speicherung von IT- und anderen Kommunikationsdaten nach der "folgenschweren Entscheidung" des Bundesverfassungsgerichtes aufgetan hätten. "Eine Ermittlung wie die der Sauerlandattentäter würde es heute so nicht geben können", beschwerte sich Rhein. Jäger monierte, dass der Begriff Vorratsdatenspeicherung auch in der Ministerrunde verwendet wird. Der Begriff sei vorbelastet, die Angelegenheit müsse versachlicht werden. Er schlug daher vor, von Mindestspeicherdauer zu sprechen.

Den aktuellen Vorschlag der Justizministerin für eine "Quick Freeze Plus" hielt Jäger "für überhaupt nicht nachvollziehbar. Wer nichts hat, kann nichts speichern". Zu der in Hessen vor wenigen Tagen erneut gestarteten Kfz-Kennzeichenerfassung, sagte Jäger: "Der Nutzen solcher Methoden ist äußerst begrenzt, verglichen mit der Mindestpeicherdauer für IP- und Telefondaten, die wesentlich wichtiger sind."

Der Berliner Innensenator Körting wiederholte seine Kritik der europäischen Grenzpolizeitruppe Frontex, die er zuvor in einem Interview geäußert hatte: Es sei illusorisch, das Mittelmeer abschotten zu können. "Da kommen die Gewerkschaften und fordern 2000 neue Polizeistellen mit Schwimmwesten, während wir vernünftige Regelungen mit den Transitländern brauchen." Die Stichelei gegen die Frontex unterstützende Gewerkschaft der Polizei fand Anklang. "Frontex ist völlig überfordert", befand Hessens Innenminister Boris Rhein. Zuvor hatte Frontex-Chef Ilkka Laitinen erklärt, dass Vorbereitungen für einen Einsatz auf Lampedusa angelaufen sind.

Im Gespräch mit Manfred Schmidt, Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge forderte Laitinen ein stärkeres Mitspracherecht für Frontex, das bei seinen Einsätzen an die Weisungen der jeweiligen Landespolizei gebunden ist. Zumindest müssten die Grenzspezialisten ein Veto in einer angelaufenen Operation abgeben können.

Frontex begann als kleine EU-Agentur im Jahre 2004 mit einem Etat von 6,3 Millionen Euro. Dieser Betrag wurde im letzten Jahr auf 87 Millionen aufgestockt und wird im laufenden Jahr voraussichtlich über 90 Millionen liegen. Frontex schafft damit Spezialausrüstung an, die die jeweiligen Länder nicht besitzen, die ihrerseits Hubschauber, Boote und anderes stellen.

Auch Behördenleiter Manfred Schmidt äußerte ähnlich wie der Berliner Politiker Körting Zweifel am Einsatz. Er kritisierte fehlende oder falsch aufgefasste Entwicklungshilfe, die zweifelhafte Regimes stützt. "Nach den einschlägigen Studien werden 19 Millionen Menschen aus dem Süden nach Europa drängen, die nicht durch Systeme wie Frontex aufgehalten werden können, sondern nur durch eine Entwicklungshilfe, die Lebensperspektiven in den jeweiligen Ländern eröffnet." (anw)