RoboCup German Open: Die Mauerblümchen-Ligen

Beim Robocup gibt es nicht nur Roboterfußball, sondern auch eher industriell ausgerichtete Ligen. Die sind oftmals für die Zuschauer nur schwer nachzuvollziehen.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske
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Bei den 13. RoboCup German Open gibt es neben den Fußballfeldern und den Arenen für Haushalts- und Rettungsroboter auch zwei Bereiche, die viele Zuschauer rätseln lassen, was hier eigentlich vorgeht: Das sind die eher industriell ausgerichteten Wettbewerbe RoboCup@work und Festo Logistics League. Bei letzterer gibt es zwar viele schöne, bunte Lichter zu sehen sowie Roboter, die darum herum fahren. Aber was das alles soll, erschließt sich dem Betrachter nicht ohne weiteres.

Wie der Name schon sagt, es geht um Logistik, also um die Planung, Durchführung und Optimierung von Produktionsprozessen und Transporten. Die Roboter haben dabei die Aufgabe, Maschinen mit den jeweils benötigten Materialien zu versorgen, die Zwischenprodukte wieder abzuholen, wenn sie fertig sind, sie zur nächsten Maschine zu bringen und die fertigen Waren am Ende an die richtige Auslieferungsstelle zu geben.

Die Maschinen und ihr jeweiliger Status werden dabei durch farbige Lichter dargestellt, die Materialien durch einen RFID-Chip, der präzise unter einem Lesegerät abgelegt werden muss. „Der Chip ist 15 Millimeter groß und muss innerhalb eines Feldes mit 40 Millimeter Durchmesser liegen“, erklärt Ulrich Karras, der diesen Wettbewerb in den letzten Jahren maßgeblich mit aufgebaut hat.

RoboCup German Open 2014: die Mauerblümchen (5 Bilder)

Mit den vielen bunten Lichtern schön anzusehen, aber leider völlig unverständlich: die Festo Logistics League. (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Wie in anderen RoboCup-Ligen wird es auch hier den Robotern von Jahr zu Jahr etwas schwerer gemacht. „Wir haben jetzt nur noch ein Feld, auf dem zwei Teams gleichzeitig antreten“, so Karras. „Dabei liegt eine Maschine im Bereich des jeweils anderen Teams, was aber erst beim Start bekannt gegeben wird. Dadurch müssen die Roboter dynamisch ihre Wege planen und die Kollision mit Robotern des anderen Teams vermeiden.“ Die Planung werde auch dadurch erschwert, dass die Roboter mit ihren Laserscannern, die nur etwa fünf Meter weit reichen, nicht mehr das gesamt Feld erfassen können.

Den Status der Maschinen erfassen die Roboter ausschließlich visuell anhand farbiger Lampen, die rot, gelb, grün oder eine Kombination davon anzeigen können. Das trägt leider dazu bei, dass die Aktionen auf dem Feld für die Zuschauer weitgehend unverständlich bleiben. In Zukunft sollen die symbolisierten Maschinen daher durch echte ersetzt werden: Die Roboter könnten dann etwa eine Plastikröhre auf ein Transportband legen, wo es mit einem Deckel verbunden und dadurch zur Dose wird. Die wiederum könnte der Roboter dann zur nächsten Maschine bringen, wo sie vielleicht den zweiten Deckel bekommt, oder direkt zur Auslieferung. Die Maschine ist fertig, soll aber frühestens im nächsten Jahr im Wettbewerb eingesetzt werden, um den Teams ausreichend Zeit zur Vorbereitung einzuräumen.

Der Wettbewerb wird dadurch zwar für die Zuschauer anschaulicher, für die Teams aber erheblich komplizierter, schließlich müssen Objekte von mobilen Robotern gegriffen werden. Das allein ist eine Aufgabe, die bereits eine ganze Liga beschäftigt: RoboCup@work. Deren Arena befindet sich direkt neben der Festo Logistics League. Es ist ein kleiner, rechteckiger Bereich, in dem einige Podeste stehen. Auf diesen Podesten werden verschiedene Objekte platziert wie Muttern, Schrauben, Aluprofile oder Gummimanschetten.

Von diesen Objekten sollen die Roboter einige greifen und an vorher bestimmte Orte bringen. Dabei gibt es verschiedene Schwierigkeitsgrade. So müssen die Objekte etwa besonders präzise in vorgestanzte Löcher abgelegt oder von einem Laufband gegriffen werden. „In diesem Jahr werden zwei Objekte auf das Laufband gelegt“, sagt Wettbewerbsleiter Walter Nowak. „Dadurch reicht es nicht mehr, den Greifer an einer Stelle zu positionieren und zu warten, bis das Objekt dort angekommen ist. Der Roboter muss neben dem Laufband her fahren.“

Die Teams der RoboCup@work League arbeiten bislang alle mit dem Youbot von Kuka, können ihn aber nach Belieben modifizieren oder auch innerhalb vorgegebener Größenbeschränkungen andere Roboter benutzen. Das Geschehen in der Arena ist etwas leichter nachvollziehbar als beim Logistikszenario, es gibt sogar Momente, in denen etwas Spannung aufkommen kann, etwa wenn die Zeit knapp wird, aber noch eine Schraube an den richtigen Ort gebracht werden muss. Dennoch wird auch diese Liga es schwer haben, sich zum Zuschauermagnet zu entwickeln. Das hat viel mit den industrienahen Aufgabenstellungen zu tun.

Um mobile Manipulation zu testen, wäre es auch denkbar, Roboter ein Bild malen zu lassen, etwa ein Graffiti auf einer Wand. Auch dafür ist präzise Positionierung erforderlich, sowohl des Roboters selbst als auch des Arms. Wenn verschiedene Pinsel und Spraydosen verwendet werden, wird die Sache noch komplizierter. Für die Zuschauer wäre das Geschehen jedoch unmittelbar nachvollziehbar und spannend. Das sehen RoboCup-Insider auch sofort ein, fürchten aber, dass der Wettbewerb dann für industrielle Sponsoren nicht mehr interessant sei. „Das gilt dann als Spielerei, nicht mehr als ernsthafte Robotik“, lautet der Einwand. Da muss in der Industrie wohl noch einiges an Aufklärungsarbeit geleistet werden. (axk)