RoboCup-WM: Haushaltsroboter gehen einkaufen

Bei der RoboCup-Weltmeisterschaft in Singapur gab es am dritten Turniertag eine Premiere: Zum ersten Mal sollten die Haushaltsroboter der RoboCup@home League ihre Fähigkeiten in einem richtigen Laden unter Beweis stellen. Also auf zu Toys'R'Us.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Bei der 14. RoboCup-Weltmeisterschaft in Singapur gab es am dritten Turniertag eine Premiere: Zum ersten Mal sollten die Haushaltsroboter der RoboCup@home League ihre Fähigkeiten in einem richtigen Laden unter Beweis stellen. Üblicherweise müssen die Roboter in einer nachgestellten Wohnumgebung, der RoboCup@home-Arena, zeigen, wie gut sie Personen erkennen, Kommandos verstehen oder Gegenstände finden und greifen können. Letzteres Szenario lief schon immer unter dem Titel "Supermarket". Da lag es nahe, eines Tages damit in einen realen Supermarkt zu gehen.

Nach einer kleinen Odyssee durch das Einkaufszentrum sind die Teams vor dem Spielzeugladen eingetroffen.

Vorher war allerdings Orientierungsvermögen gefordert – von den Menschen, nicht von den Robotern. Einige Teams hatten eine kleine Odyssee durch das riesige Einkaufszentrum beim Suntec-Komplex hinter sich, ehe sie schließlich das Spielzeuggeschäft im dritten Stock erreichten. Dennoch konnte der Wettbewerb einigermaßen pünktlich starten. Die Aufgabe bestand darin, einem Menschen durch zwei Gänge zu folgen. Auf den Regalen stand eine zuvor vereinbarte Auswahl an Produkten wie Chipspackungen, Getränkedosen oder Kekse. Der Mensch machte den Roboter auf die gewünschten Produkte aufmerksam. Dieser wiederum sollte sich deren Positionen merken und sie bei einer zweiten Runde selbstständig ansteuern und nach Möglichkeit greifen.

Der Nao-Roboter der Radical Dudes müsste sich in dieser Umgebung eigentlich wie zu Hause fühlen. Hier erfährt er gerade, dass er sich die Position der Brauseflasche merken soll.

Das Problem dabei waren die vielen Störquellen. Die kreischbunten Spielzeuge machten es den Robotern nicht gerade leicht, die Objekte auf den Regalen zu identifizieren, auch wenn sie eigentlich branchenfremd waren. Die Lichtverhältnisse mussten so hingenommen werden, wie sie waren, ebenso die Nebengeräusche wie etwa das permanente Rauschen der Klimaanlage.

So mussten die Spracheingaben denn auch recht häufig wiederholt werden, bis die Roboter sie korrekt wiederholten. Eine Geduldsprobe für die menschlichen Betreuer, die merklich erleichtert wurde, wenn der Roboter sich dafür entschuldigte. Dynamaid vom Team NimbRo hatte ein paar solcher Sätze wie "It‘s my fault" drauf, mit denen sie die Situation entspannte, nachdem sie einige Male "Beer" statt "Biscuits" verstanden hatte. Natürlich sind diese Höflichkeiten vorprogrammiert, dennoch verbessern sie entscheidend das Zusammenwirken von Mensch und Roboter. Ähnliches gilt für die Mimik: Selbst karikaturhaft stilisierte Gesichtszüge mit geringen oder gar keinen Ausdrucksmöglichkeiten verbessern die Mensch-Maschine-Kommunikation deutlich.

Homer von der Universität Koblenz kann anhand der Gesten eines Menschen erkennen, auf welcher Seite sich die Getränkedose befindet.

NimbRos Dynamaid gelang als einzigem der insgesamt zwölf Roboter im Wettbewerb der Griff ins Regal. Als die Rolle Chips im Korb landete, gab es Szenenapplaus. Dennoch wird NimbRo die eR@sers aus Japan wohl kaum noch einholen können. Deren Roboter fuhr sehr geschmeidig durch den Laden und hatte sich mit seiner Personenerkennung, die auch Geschlecht und Alter einschätzen kann, bereits in den vorangegangenen Tests einen deutlichen Vorsprung erkämpft.

Das Team Radical Dudes schickte als einziges einen Laufroboter in den Laden. Der Nao-Roboter war extra mit größeren Füßen ausgestattet worden, rutschte auf dem glatten Boden aber trotzdem aus. Nachdem Klebestreifen von den Sohlen entfernt worden waren, ging es besser. In den zehn Minuten, die jedes Team Zeit hatte, schaffte er zwar keine komplette Runde, konnte sich aber die Position einiger Objekte merken. Von seiner äußeren Erscheinung war er auf jeden Fall der Roboter, der am besten in die Umgebung passte. Punkte gab es dafür allerdings nicht.

Dynamaid ist bereit, nach den Chips zu greifen – und der Wettbewerbsleiter ist bereit, auf den Not-Aus-Knopf zu drücken, falls sie daneben greift.

Tijn van der Zant, Miterfinder dieser Liga, zeigte sich nach der Premiere sehr zufrieden. "Das können wir nächstes Jahr ohne größere Änderungen wiederholen", sagte der Niederländer, der gegenwärtig beim französischen Forschungsinstitut Inserm in Lyon arbeitet. Ein Mitorganisator der nächsten RoboCup-WM in Istanbul hatte die Läufe der Roboter im Spielzeugladen auch bereits aufmerksam mitverfolgt.

Bei den Fußball spielenden Naos hat unterdessen Weltmeister B-Human mit einem 8:1 über die Pennalizers das Halbfinale erreicht. Das Nao-Team HTWK unterlag dagegen mit 1:3 gegen Austin Villa aus den USA.

Für Überraschungen sorgt die Entwicklung der in der Middle Size League der rollenden Roboter. Hier ist es den chinesischen Teams NuBot und Water gelungen, das Feld neu aufzumischen. NuBot schlug den (noch) amtierenden Weltmeister 1. RFC Stuttgart mit 3:0, Water bezwang das ebenfalls starke Team Cambada mit 7:2. Es sei gelungen, einige Bugs zu beseitigen, sagte ein Mitglied der NuBots. Dadurch habe sich die Kooperation und Kommunikation der Spieler verbessert, auch die Kontrolle der Motoren funktioniere jetzt besser.

Die Favoritenrolle in dieser Liga hat weiterhin Tech United . Aber wer die Niederländer im Finale herausfordern wird, ist wieder völlig offen. Und wer weiß, was den Chinesen in der Nacht zum morgigen letzten Turniertag noch alles einfällt. (pmz)