Schnäppchenportale bleiben populär
Das Ende des Online-Schnäppchens in Deutschland ist noch fern, sagt ein Trendforscher. Die Portale müssen sich jedoch vor der Kauflust größerer Internet-Unternehmen in Acht nehmen.
Mancher, der die tägliche Flut an Gutschein-Mails über sich ergehen lässt, würde gerne das Ende der Online-Schnäppchenportale ausrufen. Doch dieses wird wohl noch lange auf sich warten lassen. "Die Wahrscheinlichkeit, dass das wieder verschwindet, ist gleich Null. Die Frage ist nur: Wer wird noch am Markt sein?", sagt der Trendforscher Peter Wippermann.
Dabei deuteten zuletzt einige Zeichen auf ein Abflauen des sogenannten Couponings im Internet hin. Der weltweite Marktführer Groupon erlebte eine drastische Abkühlung des zuvor explosiven Wachstums. Der Kurs der Groupon-Aktie stürzte vom Ausgabepreis von 20 Dollar innerhalb eines Jahres auf weniger als ein Viertel ab. Der Online-Einzelhändler Amazon schrieb die Beteiligung am Schnäppchenmarkt LivingSocial fast vollständig ab. Immer wieder wurde der europäische Markt als ein Grund für die Probleme der Branche genannt.
Auch Groupon machte das Europa-Geschäft besonders zu schaffen. Trendforscher Wippermann sieht darin jedoch kein Indiz für das Aussterben der Gutscheinportale. "Diese Schnäppchenkultur war bei uns extrem unterentwickelt. Wir liegen gegenüber den USA ungefähr fünf Jahre zurück."
In den USA, der Heimat Groupons, sei das Sammeln von Rabattmarken und Gutscheinen zum Einkaufen schon viel früher allgemein üblich gewesen. Ein Grund dafür: "Die soziale Schere geht in den USA weitaus mehr auseinander als bei uns", sagt Wippermann. Bei den Partnerbetrieben der Portale sei es zudem schon früh zu Ernüchterungswellen gekommen, nachdem sie Verlustgeschäfte machen mussten. "Sie als Unternehmen wollen 100 Wiener Schnitzel verkaufen. Dann verkauft Groupon dafür aber plötzlich 500 Gutscheine. Dann müssen sie 400 Schnitzel mit Verlust verkaufen", erklärt Wippermann.
Groupon-Vertreter reagieren ausweichend, wenn sie mit den Problemen des europäischen Marktes konfrontiert werden. "Wir müssen hier in Europa wesentlich mehr auf technische Innovation setzen, so wie es in den USA längst gemacht wird", sagt Deutschlandchef Jens Hutzschenreuter. Sein Unternehmen sei in den vergangenen sechs Monaten durch einen Umbauprozess gegangen. Nun soll etwa ein neues Buchungssystem Erfolg bringen, die Groupon-App populärer gemacht werden. Die Auswertung von Daten soll zudem intensiver zum richtigen Angebot führen. "Ein Kunde interessiert sich für Golf, kauft einen Golfschläger – dann bieten wir ihm also eine Golfreise an", erklärt Hutzschenreuter.
Hauptkonkurrent DailyDeal setzt auf die Einführung von Markenshops. Der Gründer der Google-Tochter, Fabian Heilemann, sieht keine Krise der Branche in Europa: "Die Entwicklung in den vergangenen Jahren zeigt, dass sich der Markt gerade erst entwickelt. Das Interesse von Unternehmen und Konsumenten steigt kontinuierlich." Er ist sich sicher: "Deutschland wird Schritt für Schritt zu klassischen Schnäppchennationen wie den USA aufholen."
Trendforscher Wippermann bestätigt dies. Kleinere Unternehmen würden es aber immer schwieriger haben. "In Deutschland gibt es noch viel zu viele Anbieter." Im globalen Markt werde sich alles auf Groupon und DailyDeal konzentrieren. Wenn es nach dem Trendexperten geht, dürften sich die großen Internetriesen auf Groupon stürzen. "Groupon ist noch eigenständig. Ich vermute, dass das irgendwann in ein anderes Unternehmen integriert wird." Auch Facebook gehe schließlich langsam in den Bereich der mobilen Bezahlung. "Es ist nicht auszuschließen, dass Facebook Groupon kauft." Zum Schnäppchen dürfte das Schnäppchenportal nicht werden: Trotz der erheblichen Kursverluste an der Börse liegt der Marktwert von Groupon derzeit bei rund 3,25 Milliarden Dollar. Vor dem Börsengang soll Google allerdings noch rund sechs Milliarden Dollar geboten haben. (anw)