Schnellerer Datentransfer aus dem All

Detaillierte Daten von Erdbeobachtungs-Satelliten brauchen oft Wochen und Monate, bis sie ihre Nutzer erreichen. Eine neue Übertragungstechnik soll das nun ändern.

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Um die Daten von Erdbeobachtungs-Satelliten schneller vom All zur Erde zu bekommen, arbeitet die europäische Raumfahrtagentur ESA zusammen mit dem Raumfahrtkonzern Astrium an einer neuen Übertragungstechnik. Das berichtet das Magazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 12/2012 (seit Donnerstag am Kiosk oder direkt im Heise Shop zu bestellen).

Das sogenannte „Europäische Datenrelaissatellitensystem“ (EDRS) soll 2014 in Betrieb gehen. Erstes Demonstrationsobjekt wird der Satellit TerraSAR-X sein. Er erstellt per Radar aus 520 Kilometern Höhe ein präzises Höhenmodell der Erde.

Das bisherige Problem solch niedrig fliegender Beobachtungstrabanten: Sie haben täglich nur für wenige Minuten Kontakt mit ihren mitteleuropäischen Bodenstationen. Das reicht nicht, um die Beobachtungsdaten im Umfang einiger Dutzend DVDs zu übertragen. Oft werden die Daten deshalb an Bodenstationen im Polarbereich gesendet und von dort per Schiff und Flugzeug nach Europa geliefert. Bis sie bei ihren Nutzern landen, können Wochen und Monate vergehen.

Das EDRS sieht nun vor, einen geostationären Satelliten als Relaisstation zu benutzen. Auf diese Weise kann eine Bodenstation mit dem Zielsatelliten ungefähr während einer halben Umlaufzeit um die Erde Kontakt halten. Daten können so schneller und öfter übertragen werden.

Die Idee ist nicht neu: Die NASA bedient sich bereits eines geostationären Relais-Satelliten, um mit der Internationalen Raumstation ISS zu kommunizieren. Allerdings besitzt das US-System einen großen Schwachpunkt: Seine Satelliten empfangen und senden auf herkömmlichen Radiowellen-Frequenzen zwischen 2 und 26 Gigahertz. Das beschränkt die Datenrate auf rund 300 Megabit pro Sekunde. Zudem kann es zu Interferenzen mit anderen Satelliten kommen.

Der europäische Ansatz sieht vor, Daten zwischen Beobachtungs- und Relaissatelliten per Laser zu übertragen. Dieses ermöglicht eine Datenrate von 1,6 Gbit/s. Das Problem der Signalinterferenz mit benachbarten Satelliten fällt weg, weil der Laserstrahl so stark gebündelt ist, dass er sich nach einigen zehntausend Kilometern beim Empfänger nur auf rund 500 Meter Durchmesser auffächert. Der geostationäre Relaissatellit wiederum überträgt die empfangenen Daten in aller Ruhe auf einer herkömmlichen Radiofrequenz an eine Bodenstation.

Entscheidender Bestandteil der Technik ist das sogenannte Laser Communication Terminal (LCT), das den Laser von einem Satelliten auf den anderen ausrichtet. Dabei muss der Strahl so genau ausgerichtet werden, also würde man von einem Vollgas fahrenden Auto in Süddeutschland genau auf ein Fenster in Rom zielen. In den USA haben Konzerne wie Boeing bereits vergeblich Milliardensummen in eine solche Technik gesteckt. Erst dem mittelständischen Unternehmen Tesat Spacecom GmbH mit Sitz im schwäbischen Städtchen Backnang gelang es, die notwendige Präzision mit der für den Weltraum nötigen Robustheit zu verbinden.

Auf die Daten von Erdbeobachtungs-Satelliten sind immer mehr Wirtschaftszweige angewiesen – von der Forschung über Umwelt- und Katastrophenschutz, Landwirtschaft, Schifffahrt und Fischerei bis hin zum Bergbau. Künftig könnten sie deutlich schneller, womöglich sogar in Echtzeit, bedient werden.

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(grh)