Selbsthilfe gegen zu hohe Studienabbrecher-Quote

Die Kultusministerkonferenz hat zwar Korrekturen am umstrittenen Bachelor-Master-Studiensystem beschlossen, deren Umsetzung wird aber noch dauern. Manche Hochschulen haben bereits Projekte angeschoben, um die dramatisch hohen Abbrecherquote zu dämpfen, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

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Die Kultusministerkonferenz hat zwar Korrekturen am umstrittenen Bachelor-Master-Studiensystem beschlossen, deren Umsetzung wird aber noch dauern. Manche Hochschulen haben bereits Projekte angeschoben, um die dramatisch hohen Abbrecherquote zu dämpfen, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe (seit heute am Kiosk oder direkt portokostenfrei online zu bestellen).

Die Studienreformen der letzten Jahre haben besonders in den „Mint“-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) mehr Abbrecher hervorgebracht. Zu diesem Ergebnis kommen aktuelle Untersuchungen des Hannoveraner Forschungsinstituts HIS (Hochschul-Informations-System) sowie des Bayerischen Staatsinstituts für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF). Die Schwundquoten sind alarmierend: An den großen deutschen Technischen Universitäten hält nur rund die Hälfte der Maschinenbau-Erstsemester bis zur Abschlussprüfung durch, den Fachhochschulen kommt etwa ein Drittel unterwegs abhanden.

Die Ursachen des Massenphänomens sind mittlerweile recht gut erforscht: Studienanfänger bringen falsche Vorstellungen von ihrem Fach mit, haben unzureichende Mathe- und Physikkenntnisse, leiden unter Prüfungsmarathons gleich zu Studienbeginn sowie unter Geldnot, weil sie wegen des Leistungsdrucks kaum noch nebenbei jobben können. Auch einige Lösungsansätze wurden bereits evaluiert: So hat das IHF kürzlich den ersten Zwischenbericht zu zehn Projekten unter dem Motto „Wege zu mehr Mint-Absolventen“ präsentiert, für die Verbandsmanager Brossardt gut 2 Millionen Euro lockergemacht hatte. Das Ergebnis: „Auch mit geringem Mitteleinsatz lassen sich Maßnahmen gegen Studienabbrüche erfolgreich umsetzen.“

Wegen der Fülle möglicher Ursachen gebe es allerdings kein Allheilmittel, sondern ganz verschiedene Ansatzpunkte. Eine zentrale Erkenntnis der Untersuchung: „Studienabbruch beginnt oft vor dem Studium“.Die Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg beispielsweise erprobt deshalb zurzeit einen Online-Studierfähigkeitstest für den Bachelor-Studiengang im Bauingenieurwesen. Dort können Schulabgänger ihr Talent für verschiedene naturwissenschaftliche Fachrichtungen selbst prüfen. Ziel der Projektes ist die Entwicklung eines „Self Assessment“-Portals im Web, in dem sich Interessierte Schulabgänger zunächst in Videos einen Überblick über das jeweilige Berufsbild verschaffen können, um dann ihre Eignung für ein Fach oder einen spezifischen Studiengang zu testen und sogar die dabei entdeckten Defizite per „Blended Learning“ auszubügeln, eine Art betreutes Selbststudium am PC.

Als hilfreich hat sich aber auch die intensive Betreuung der Studierenden in "Mentoring-Projekten" erwiesen. Im Studiengang Erneuerbare Energien an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften München etwa versuchen drei Betreuer "eine Campus-Atmosphäre zu schaffen, die die Hochschule zum Lebensmittelpunkt der Studierenden" macht. Sie bieten Exkursionen zu Unternehmen an und versuchen, den Zusammenhalt der Studierenden zu pflegen. Zudem funktionierte das Mentoring-Team ein ehemaliges Labor zum „Lerncamp regenerative Energien“ um, einem Gruppenübungsraum, ständig geöffnet für alle Semester. So wie die Mentoren auch außerhalb der offiziellen Sprechstunden per E-Mail für ihre Schützlinge ansprechbar sind, übernehmen zudem "prüfungsgestählte" Studenten Mitverantwortung für die Nachrückenden, sei es als Hiwis im offiziellen Tutorium oder auf Zuruf im Lerncamp. (wst)