Simulation warnt vor Engpässen
Wissenschaftler arbeiten an computergestützten Evakuierungsassistenten, die helfen sollen, Todesopfer bei Massenpaniken nach Möglichkeit zu verhindern.
- Uta Deffke
- Dr. Wolfgang Stieler
Wissenschaftler arbeiten an computergestützten Evakuierungsassistenten, die helfen sollen, Todesopfer bei Massenpaniken nach Möglichkeit zu verhindern. Am Sonnabend hatte es bei einer solchen Massenpanik bei der Loveparade in Duisburg 19 Tote gegeben. Software-Simulationen, die in Echtzeit mit Daten von Besucherströmen gefüttert werden, sollen die Veranstalter von Großereignissen künftig bereits warnen, bevor es zu kritischen Situationen kommt, berichtet Technology Review in seiner kommenden Ausgabe 08/2010 (ab Donnerstag, den 29.7. am Kiosk).
"Gemeinhin ist die Gefahr einer Massenpanik geringer als vielfach angenommen", sagt Armin Seyfried, Koordinator des Hermes-Projektes am Forschungszentrum Jülich. Das System, an dem die Jülicher Forscher arbeiten, soll 2011 erstmals unter realen Bedingungen getestet werden. Werde das Gedränge aber zu groß, gelangt die Information, dass vorn der Weg versperrt ist, nicht mehr nach hinten zu den weiter drängenden Menschen. Irgendwann können sie sich nicht mehr selbstbestimmt und rücksichtsvoll bewegen, sondern geraten in einen regelrechten Sog.
Die Hermes-Software soll nun während einer Evakuierung mögliche Staupunkte vorausberechnen und eventuell Umleitungsvorschläge unterbreiten. Die Datenbasis für eine solche Simulation ergibt sich beispielsweise aus der Auswertung von Video-Daten - so hat das Karlsruher Unternehmen Vitracom beispielsweise aus einem System zur Besucherzählung in Kaufhäusern die Technik zur Auswertung von Videobildern einer Großveranstaltung entwickelt.
Die Simulation des Fußgängerverhaltens sei allerdings noch problematisch -- Fußgänger würden sich sehr viel komplexer verhalten, als beispielsweise Autos, sagt Seyfried: Sie ändern zum Beispiel spontan die Richtung und halten sich nicht unbedingt an Wege.Typische Bewegungs- und Staumuster von Fußgängern -- etwa auf Treppen oder beim Einfädeln aus den Rängen in die Gänge -- ermitteln die Forscher daher in Feldversuchen. (wst)