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Studie: Personal- und Geldmangel führt Deutschland in Digital-Dilemma

Deutsche Unternehmen wollen allein dieses Jahr rund 41 Milliarden Euro in die Digitalisierung ihres Geschäfts stecken. Doch es könnten noch viel mehr sein, wie eine repräsentative Umfrage zeigt. Ein entscheidender Hemmschuh sei der Fachkräftemangel.

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Studie: Personal- und Geldmangel führt Deutschland in Digital-Dilemma
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Von
  • dpa

Dem Wirtschaftsstandort Deutschland droht laut einer Studie ein Digitalisierungs-Dilemma. Demnach ist der Druck zur digitalen Revolution und zu zukunftsträchtigeren Geschäftsmodellen im internationalen Vergleich gerade für deutsche Unternehmen am größten. Doch allzu oft mangelt es den Betrieben hierzulande an Geld und Fachkräften, um die nötigen Weichenstellungen auch umzusetzen. Jedes zweite Unternehmen will mehr in die Digitalisierung investieren, was aber vor allem an Budgetmangel oder dem fehlenden Know-how von Fachkräften scheitert. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Beratungskonzerns EY unter 1000 Unternehmen in zwölf Ländern

Um Digitalisierung steht im Mittelpunkt der CeBIT. Beispiele für den Wandel der Wirtschaft gibt es längst genug: Uber mischt die Taxibranche auf, Airbnb lehrt Hoteliers das Fürchten und Fließbänder vernetzen sich mit den Bauteilen. Weltweit und auch in Deutschland musste der EY-Studie zufolge schon mehr als jedes zweite Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren deutliche Änderungen am eigenen Geschäftsmodell vornehmen. Grund ist in erster Linie neue Technik, die das Kundenverhalten ändert und neue Wettbewerber auf den Plan treten lässt. Bislang besonders betroffen: Die Telekommunikations- und Medienbranche sowie Automobilunternehmen.

Und der Trend scheint erst Fahrt aufzunehmen: Fast jeder zweite deutsche Betrieb rechnet damit, dass neue Technik künftig das eigene Geschäftsmodell infrage stellen – das ist mehr als in allen anderen untersuchten Ländern. Weltweiter Durchschnitt ist 39 Prozent.

"Deutschland ist ein Hochtechnologie- und Industriestandort. Hier bekommen die Unternehmen die Folgen der digitalen Revolution ganz unmittelbar zu spüren", sagt EY-Strategieberatungschef für EMEIA Markus Heinen.

Dabei scheint die Ausgangslage für Deutschland gut: Während weltweit nur bei fast jedem dritten Unternehmen die Digitalisierung eine sehr große Rolle spiele für das eigene Geschäftsmodell, geht Deutschland mit 36 Prozent vorweg, zumindest im europäischen Vergleich. Nur die Schweiz liegt da laut Umfrage mit 41 Prozent noch weiter vorne.

"Es wäre wichtig, dass sich das Thema Digitalisierung vom Hype weg und hin zu einer umsetzbaren Strategie entwickelt", meint Heinen. "Es werden viele Projekte angestoßen, doch vielfach passiert das eher unabgestimmt beziehungsweise unkoordiniert."

Denn Digitalisierung ist längst keine Zukunftsmusik mehr: Weltweit sieht dabei gerade einmal jedes vierte befragte Unternehmen keine Relevanz für sich – in Deutschland sogar nur jedes siebte. "Eine Taktik nach dem Motto "Augen zu und durch" wird nicht funktionieren", sagt Olaf Riedel, Chef der EY-Beratung im deutschsprachigen Raum. Der Handlungsdruck sei groß. "Auswirkungen bekommen alle Branchen zu spüren – allerdings mit unterschiedlicher Wucht und nicht alle sofort." Die Industrie sei ein Vorreiter und könne ganze Lieferketten mit Hilfe digitaler Technik automatisieren und das richtige Teil zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort haben.

Doch wenn es um die Investitionskraft für Digitalisierung geht, sind die Schweizer Spitzenreiter und die Deutschen höchstens Mittelmaß. Schweizer Firmen planen laut der Studie im Schnitt 1,6 Prozent ihres Umsatzes in das Thema zu investieren. Auch die Schweden, Südkoreaner, Inder und die USA liegen vorn mit gut einem Prozent. Die Deutschen liegen entfernt von der Weltspitze bei 0,8 Prozent ihrer Umsätze.

Immerhin jedes dritte deutsche Unternehmen gibt an, trotz niedriger Zinsen nicht die nötigen Finanzmittel zu haben. Ähnlich hoch ist der zweitwichtigste Grund: Know-how- und Fachkräftemangel. Heinen warnt: Die Digitalisierung zu vernachlässigen, dürfte sich oft fatal rächen (anw)