Telekom-Chef in der Bredouille
Für Telekom-Chef René Obermann könnte der Frust kaum größer sein: Da kämpft der Vorstandsvorsitzende seit Jahren um ein sauberes Image des Konzerns, der durch Telefonschnüffeleien in Verruf geraten war – und dann erwischt es ihn selbst.
Für Telekom-Chef René Obermann könnte der Frust kaum größer sein: Da kämpft der Vorstandsvorsitzende seit Jahren um ein sauberes Image des Konzerns, der durch Telefonschnüffeleien in Verruf geraten war – und dann erwischt es ihn selbst. Ausgerechnet Obermann, der keine Unregelmäßigkeiten oder zwielichtige Geschäftspraktiken im Konzern duldet, mit Staatsanwälten in den vergangenen Monaten kooperierte und sich als Saubermann unter Deutschlands Top-Managern präsentierte, gerät ins Fadenkreuz der Justiz. Ein Vorgang aus der Vergangenheit hat in eingeholt.
Wegen möglicher Bestechung in Osteuropa vor fünf Jahren sind der Telekom-Chef und weitere sieben Manager ins Visier der Bonner Staatsanwaltschaft geraten. In Mazedonien und Montenegro soll es zu Schmiergeldzahlungen gekommen sein, um die Liberalisierung der Märkte zu bremsen und sie vor Wettbewerbern zu schützen. Dabei geht es um rund 30 Millionen Euro. Die Ermittler sprechen von einem Anfangsverdacht gegen verschiedene Personen. Obermann selber war damals Chef der Mobilfunksparte der Telekom, in dieser Funktion aber nicht zuständig für die beiden betroffenen Länder.
So oder so – es sind schwerwiegende Vorwürfe, die die Ermittler erheben: Obermann habe dem Chef der mazedonischen MakTel angeblich klar gemacht, dass Dividende nur in dem Fall fließe, wenn die Marktöffnung abgebremst werde. Anteilseigner der MakTel ist nicht nur die ungarische Telekom-Tochter, sondern auch der mazedonische Staat. Der Telekom-Vorstand für Datenschutz, Manfred Balz, weist solche Vorwürfe zurück: Obermann würde sich niemals ins Tagesgeschäft von Tochter- oder Enkelfirmen der Telekom einmischen.
Wie weit abgehoben die Bonner Staatsanwaltschaft agierte oder ob sich ihre Vorwürfe am Ende doch in der einen oder anderen Form erhärten könnten, bleibt abzuwarten. Nicht recht in das Puzzle der Korruptionsvorwürfe passen wollen die Untersuchungen der US-Justizbehörden zu diesem Fall. Ihr Rechtshilfeersuchen von Mitte Mai dieses Jahres hatte die Bonner Staatsanwälte erst in Marsch gesetzt und Ende August die Razzien ausgelöst.
Denn in dem Verfahren der US-Behörde, das bereits seit vier Jahren läuft, war Obermann ausdrücklich nicht als Beschuldigter, sondern als Zeuge geführt worden. Der Konzernchef habe sehr bereitwillig und ausführlich Auskunft erteilt, nahm Balz am Mittwoch den Vorstandschef in Schutz. Es sei völlig unerklärlich, warum es zu diesem Durchsuchungsbeschluss durch die Bonner Staatsanwaltschaft gekommen sei.
Tatsächlich scheinen auch die Ermittler unsicher zu sein über ihr Vorgehen: "Es ist beileibe nicht klar, wer ist Beschuldigter und wer ist Zeuge", sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Vorgang zugeklappt werde. Jetzt soll der Frage nachgegangen werden, ob sich der Verdacht ausräumen lasse.
"Eine flapsige Einschätzung", findet Balz eine solche Bewertung der Vorgänge durch die Staatsanwaltshaft. Schließlich wurden nicht ohne Grund Konzernzentrale und die Privatwohnung von Obermann durchsucht. Letztere hätten die Ermittler wieder so verlassen, wie sie sie vorfanden. Und so hofft die Telekom, dass die Ermittlungen gegen ihren Konzernchef sich nicht zu einer Hängepartie ausweiten, sondern ein möglichst schnelles Ende finden. (pmz)