Telekom-Konkurrenten wenden sich gegen "Re-Monopolisierung"

Die Vectoring-Pläne der Deutschen Telekom gefährden das Geschäftsmodell der Konkurrenten. Die wollen sich das nicht bieten lassen und fordern, den Ex-Monopolisten zu zerschlagen.

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Deutsche Telekom
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  • Torsten Kleinz

Die Verbandsspitze des Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) forderte die Telekom auf der Breitbandmesse in Darmstadt auf, ihren neusten Antrag bei der Bundesnetzagentur zurückzuziehen. Der Ex-Monopolist will sich genehmigen lassen, Vectoring auch im Umfeld ihrer Hauptverteiler einsetzen zu dürfen. Das würde bedeuten, dass die Deutsche Telekom 5,9 Millionen Haushalte exklusiv mit ihren VDSL-Produkten versorgen kann. Alternative Anbieter könnten sich lediglich auf die Telekom-Leitungen aufschalten lassen.

Für die im BREKO organisierten Telekom-Konkurrenten ist dies nicht hinnehmbar. "Uns als Wettbewerber würde der Antrag die Geschäftsgrundlage entziehen", sagte Norbert Westfal, Präsident des Verbands und Geschäftsführer des Regionalproviders EWE TEL. Sollte die Bundesnetzagentur dem Telekom-Antrag stattgeben, rechnet Westfal mit Folgeanträgen, durch die die Konkurrenz aus dem Geschäft gedrängt wird. Der BREKO warnt vor einer "Re-Monopolisierung" des Telekommunikationsmarktes. Dies sei schädlich für den Breitband-Ausbau in Deutschland, da die Telekom mit ihrem Festhalten an der Kupfertechnik den dringend notwendigen Ausbau von Glasfasernetzen verzögere. Die Konkurrenten hätten hingegen in den vergangenen Jahren 55 Prozent der Investitionen in den Netzausbau geschultert.

EWE TEL brachte in einer Eingabe an die Bundesnetzagentur die "funktionale Trennung" der Deutschen Telekom ins Gespräch. Diese ist bereits im Telekommunikationsgesetz vorgesehen und und würde die Deutsche Telekom verpflichten, den Netzbetrieb von den anderen Geschäftsbereichen zu isolieren, so dass die Konkurrenten den gleichen Zugang zu den Netzen bekommen wie die Telekom selbst.

Dass dies nicht nur eine rhetorische Drohung ist, untermauerte der IT-Berater Thomas Langer, der in einem Marktmodell die vollständige Trennung der Netzsparte der Deutschen Telekom durchgespielt hatte. Solche Schritte seien in anderen Branchen tausendfach erprobt, auch im tschechischen Telekommunikationsmarkt habe es bereits eine solche Separierung gegeben.

Langer argumentierte, dass die Netzsparte des Konzerns auch alleine überlebensfähig sei und genug Gewinne einbringen könne, um den Kapitalmarkt zu befriedigen und gleichzeitig Geld in den Glasfaserbau zu investieren. "Eine strukturelle Separierung alleine bringt uns allerdings nicht nach vorne, eine flankierende Wirtschaftspolitik wird auch unbedingt gebraucht", sagte Langer. So könne die Bundesregierung dafür sorgen, dass die Kupfernetze abgeschaltet werden, wenn Glasfasern vorhanden seien. Bisher haben Provider Probleme, genug Kunden für Glasfaser-Anschlüsse zu gewinnen, wenn sie mit Angeboten auf Kupfer-Basis konkurrieren. Langer rechnet damit, dass der komplette Glasfaserausbau Deutschlands 20 Jahre dauern würde, mit staatlichen Zuschüssen könne er eventuell auf 15 Jahre verkürzt werden.

Momentan sieht es jedoch aus, als ob die Politik eine gänzlich andere Richtung einschlägt. So verfolgt die EU-Kommission und Digital-Kommissar Günther Oettinger den Ansatz Single Market, mit dem innereuropäische Schranken abgebaut werden sollen, um den fragmentierten europäischen Telekommunikationsmarkt zu begradigen. BREKO-Vizepräsident Johannes Pruchnow beklagte, dass Oettinger sich zwar die Bedenken der kleineren Provider angehört habe, in der Presse aber trotzdem unentwegt die Förderung großer Telecom-Konzerne ins Spiel bringe, um ein europäisches Gegengewicht zu Internetkonzernen wie Google und Apple zu schaffen. "Ich glaube aber nicht, dass die Ex-Monopolisten in der Lage sind, den US-Konzernen hier Paroli zu bieten", sagte Pruchnow. Zu verschieden seien die Geschäftsmodelle der europäischen Provider und der Plattform-Betreiber aus den USA.

Die Telekom-Konkurrenten suchen unterdessen den Schulterschluss mit den Kommunen. So warnte der Professor Jürgen Anders von der Fakultät Digitale Medien der Universität Furtwangen die Kommunen davor, die Telekom zu bezuschussen, damit diese Breibandanschlüsse zur Verfügung stelle. "Wenn nur die Wirtschaftlichkeitslücke geschlossen wird, werden die Kommunen zu Bittstellern und Zuschussgebern", erklärte Anders. Jeder neue Ausbau müsse bezahlt werden, ohne dass die Kommune Mitspracherechte habe. Stattdessen sollten die Kommunen selbst Glasfasernetze ausbauen. Solche Forderungen stießen im Publikum aber auf Kritik: So wandte ein Vertreter einer norddeutschen Gemeinde ein, dass den Kommunen in Niedersachsen dazu schlicht das Geld fehle.

Anders kritisierte auch die Netzneutralitäts-Diskussion. Sollte die EU die Netzneutralitätsregeln so weit aufweichen, dass Groß-Provider sich von Inhalte-Anbietern bezahlen lassen könnten, wäre dies ein Eingriff in den Wettbewerb. Wer sich für Überholspuren im Netz bezahlen lasse, könne die Endkundenpreise quersubventionieren. Ohne ausreichend Konkurrenz könne die Telekom auch ihre Flatrate-Angebote einstellen, um von Zerorating-Verträgen zu profitieren. Ähnlich argumentierte auch Ulf Buermeyer, Mitglied des Vereins Digitale Gesellschaft. "Wenn Sie nicht die Macht haben, mit Netflix über Gebührenzahlungen zu verhandeln, reden Sie mit ihrem Bundestagsabgeordneten und ihren Kontakten in Brüssel", riet der Netzaktivist in Darmstadt den Providern. (anw)