Telenoid statt Facetime

Der japanische Robotik-Pionier Hiroshi Ishiguro will kleine, menschenähnliche Roboter als neue Form der Telefonie vermarkten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 35 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Der japanische Robotik-Pionier Hiroshi Ishiguro will kleine, menschenähnliche Roboter als neue Form der Telefonie vermarkten. Das berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 11/2010 (seit heute am Kiosk oder portokostenfrei hier online zu bestellen).

Ishiguro, Professor für Robotik an der Osaka University und Abteilungsleiter am Advanced Telecommunications Research Institute in Kansai Science City experimentiert bereits seit Jahren mit sogenannten Geminoiden: menschenähnlichen Robotern, die per Kamera, Mikrofon und Datenleitung von einem Operateur gesteuert werden. Werde solch eine ferngelenkte Puppe von einem anderen Menschen als lebendiges Wesen wahrgenommen, entstünde eine echte Telepräsenz des Operateurs, erklärt Ishiguro. Der Mensch habe nicht mehr das Gefühl, mit einem Roboter zu sprechen, sondern er spüre gewissermaßen die Anwesenheit des entfernten Operateurs. Umgekehrt habe auch der Operateur den beinah körperlichen Eindruck, vor Ort zu sein. "Einmal hat jemand bei einem solchen Experiment seine Hand auf die Wange des Roboters gelegt", erzählt Ishiguro. "Und ich hatte das Gefühl, diese Hand zu spüren. So etwas können Sie mit einer Videokonferenz nicht machen."

Zu Anfang hat Ishiguro konsequent darauf gesetzt, seine Roboter so menschenähnlich wie möglich zu gestalten, um diesen Effekt zu erzielen – zu einiger Berühmtheit ist er unter anderem durch einen robotischen Zwilling gelangt, der ihm selbst aufs Haar gleicht. Jetzt will er herausfinden, welche universellen äußeren Merkmale unbedingt notwendig sind, damit ein Mensch die Maschine noch als menschlich empfindet – eine Art "Minimal Design" des menschlichen Wesens. Auf dem Ars Electronica Festival 2010 in Linz konfrontierte der Wissenschaftler die Öffentlichkeit zum ersten Mal mit seiner neuesten Schöpfung, dem "Telenoid R1".

Trotz ihres etwas unheimlichen Äußeren wurde die Maschine schnell zum Publikumsliebling: Männer, Frauen und Kinder ließen sich bereitwillig auf das Spiel mit ihr ein. Ihre auf Video aufgezeichneten Reaktionen sollen ausgewertet werden, denn Ishiguro plant bereits den nächsten Schritt: Die Nachfolge-Generation des Telenoid wird, auf rund 10 Zentimeter Länge geschrumpft, zu einer Art Telefon werden. Ishiguro versichert, er habe bereits ein Unternehmen für das Produkt interessieren können. "Gleichzeitig kann ich untersuchen, ob und wie die Menschen dieses neue Medium verwenden", schwärmt Ishiguro. (wst)