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Telepräsenz: Blinzelnden Robotern fehlt der richtige Riecher

Hans-Arthur Marsiske
RO-MAN 2016: Blinzelnden Robotern fehlt der richtige Riecher

(Bild: Softbank Robotics)

Menschen blinzeln pro Minute ca. 17 Mal. Blinzelt während einer Interaktion auch ein Roboter, könnte dies die Kommunikation verbessern. In der Telemedizin ist indes ein menschlicher Assistenz wichtig. Er kann z.B. riechen, ob Patienten alkoholisiert sind.

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Ein Augenzwinkern signalisiert für gewöhnlich, dass eine verbale Äußerung nicht ganz ernst zu nehmen ist. Aber das Blinzeln mit den Augen enthält noch mehr Informationen, die zumeist unbewusst wahrgenommen werden und die Haltung zum Gesprächspartner beeinflussen. Auf der Konferenz RO-MAN 2016 [3] in New York erklärte Chris Bevan von der britischen University of Bath, wie dieser Kommunikationskanal mithilfe von Robotern auch in der Telekommunikation genutzt werden kann.

being-there.org

Nao in der Interaktion mit Kindern

(Bild: being-there.org)

Bevan nutzt dazu Google Glasses, die mit einem Infrarotsensor ausgestattet sind, um die Bewegungen der Augenlider des Trägers aufzuzeichnen. Diese werden an einen humanoiden Nao-Roboter übertragen, der das Blinzeln simuliert, indem er die LEDs in seinen Augen kurz ausschaltet. Im Durchschnitt blinzle ein Mensch 17-mal pro Minute, sagte Bevan, wobei die Bewegung selbst ungefähr 100 Millisekunden dauere. Die Häufigkeit des Blinzelns hänge aber stark von der jeweiligen Tätigkeit ab.

So blinzle ein Mensch häufiger, wenn er jemandem zuhört, als wenn er selber spricht. Es könne die Kommunikation daher verbessern, wenn diese Augenbewegungen mit übertragen werden. Die bisherige Umsetzung des Konzepts, die Bevan im Video zeigte, sah schon recht vielversprechend aus. Zukünftig solle auch die Dauer des Blinzelns erfasst werden, so Bevan. Dadurch könne spontanes von bewusstem Blinzeln unterschieden werden.

Nun ließe sich das Augenzwinkern des Gesprächspartners auch in einer Videoverbindung erkennen. Doch ansonsten bleibt die Kommunikation über einen Bildschirm sehr statisch. Daran ändern auch die bislang verfügbaren Telepräsenzroboter wenig, bei denen zumeist lediglich ein Bildschirm auf einer fahrbaren Plattform montiert ist: Sobald das Gespräch begonnen hat, gibt es nicht mehr viel Bewegung. Dabei sind aber gerade Gesten wichtig für die Verständigung.

Double Robotics

Teleroboter bleiben bei der Bildübertragung still stehen – unterstützende Gesten des Roboters fehlen

(Bild: Double Robotics )

Viele Forscher setzen daher auf humanoide Roboter, um den entfernten Kommunikationspartnern eine wirkliche Telepräsenz zu ermöglichen. Paul Bremner von der University of the West of England, der mit Bevan über das britische Projekt Being There [4] verbunden ist, berichtete etwa von einer Studie in einem Wissenschaftsmuseum in Bristol, bei der Besucher einen Nao als Avatar nutzen und erproben konnten. Dabei zeigte sich unter anderem, wie sich insbesondere die Interaktion in Gruppen verbesserte, weil der Roboter durch Kopfbewegungen signalisieren konnte, in welche Richtung seine Aufmerksamkeit gerade gerichtet war.

Die Bewegungen des Kopfes auf den Roboter zu übertragen, ist allerdings gar nicht so einfach, wie Priyanshu Agarwal (University of Texas at Austin) erklärte. Schließlich hätten der menschliche Kopf und der des Roboters unterschiedliche Freiheitsgrade. Damit die Gesten des Roboters lebensecht wirkten, müssten die Bewegungen des Menschen, die mit einer Kinect-Kamera dreidimensional erfasst werden, interpretiert und an den Roboterkopf angepasst werden. Das ist bislang mithilfe von Kalman-Filtern schon recht gut gelungen.

Nao kommuniziert auch mit Gesten

Nao kommuniziert auch mit Gesten

(Bild: Softbank Robotics)

Zukünftig will das Projekt, an dem auch die Walt Disney Company beteiligt ist, aber auch die Erfahrungen professioneller Animationskünstler nutzen. Wie das genau aussehen soll, wurde nicht ganz klar. Möglicherweise entsteht auf diese Weise eine Datenbasis elementarer Gesten, aus denen der Roboter seine Bewegungen zusammenfügt.

Die andere Seite der Kommunikationskette untersucht Sven Kratz am FX Palo Alto Laboratory. Gängige Teleoperations-Systeme hätten häufig mit dem Problem des „Tunnelblicks“ zu kämpfen, erklärte Kratz: Da die Kamera nur einen kleinen Ausschnitt der Realität zeige, sei es für den Operator schwierig, ein Gefühl für die Umgebung zu bekommen. Er und seine Forscherkollegen testeten daher ein System, das mit einem Head-Mounted Display arbeitet.

Das Szenario sah vor, dass der Roboter aus der Ferne zum Einsatzort gefahren werden sollte, um dort bei der Montage eines Ikea-Pflanzenständers zu helfen. Da der Roboter über keine Manipulatoren verfügte, bestand die Hilfe in erster Linie darin, die Montage zu beobachten und Ratschläge zu geben. Dafür konnte der Montageplan im Display angezeigt werden. Das überraschendste Ergebnis dieser Studie war, dass eine Stereokamera gegenüber einer einäugigen keine messbaren Vorteile zeigte.

ReMeDi

Der Geruch des Patienten bleibt bei der Telemedizin noch ein Geheimnis für den Arzt in der Ferne

(Bild: ReMeDi)

Ein wichtiges und vieldiskutiertes Einsatzgebiet für Telepräsenzsysteme ist die Medizin. Den damit verbundenen Fragen widmet sich das EU-Projekt ReMeDi [5], von dem Manuel Giuliani (Universität Salzburg) berichtete. Hier geht es um Drei-Wege-Kommunikation zwischen Arzt, Assistent und Patient, die Diagnosen aus der Ferne ermöglichen soll. Von den potenziellen Nutzern gab es generell positives Feedback. Es wurden im Lauf der Studie aber auch verschiedene Verbesserungswünsche geäußert wie etwa die Möglichkeit, verschiedene Kameraperspektiven zu wählen und zusätzliche Daten wie Körpertemperatur oder Blutdruck zu erheben.

Ein besonders wichtiger Aspekt, so Giuliani, sei der Geruch: Im Klinikalltag käme es häufig vor, dass Patienten unter Einfluss von Alkohol oder anderen Drogen stünden, was erfahrene Mediziner rasch riechen könnten. Bei einer Ferndiagnose könnte der Assistent vor Ort solche Informationen über einen privaten Kanal an den Arzt übermitteln, sagte Giuliani. Solche Gespräche könnten allerdings das Vertrauensverhältnis zum Patienten belasten. Solange Robotern der richtige Riecher fehlt, wird es aber wohl kaum eine andere Lösung geben. (kbe [6])


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[1] https://www.heise.de/news/RO-MAN-2016-Wenn-Roboter-ueber-sich-selbst-lachen-3306383.html
[2] https://www.heise.de/news/RO-MAN-2016-Roboter-als-Moebelbauer-und-Krankenpfleger-3306283.html
[3] http://www.tc.columbia.edu/conferences/roman2016/
[4] http://www.being-there.org.uk/
[5] http://www.remedi-project.eu/
[6] mailto:kbe@heise.de