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Was war. Was wird. (Des vertrackten Sommers Rätsel zum Dritten)

Sommerkühe statt Sommerlöcher? Aber ja, warum nicht, wenigstens wird mal was größeres als ne Sau durchs digitale Dorf getrieben, gniggert sich Hal Faber, wird aber gleich wieder ernst. Noch ein paar Fragen hat er auch.

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Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich. Und es folgt der dritte Teil des diesjährigen Sommerrätsels, diesmal wieder in einer wahrlich lauen Sommernacht, bevor es wieder dicke kommt.

Was war.

*** Es ist, hüstel, hüstel, ein vertrackter Sommer in Deutschland. Statt Sonne und Sammy, dem Todeskaiman oder Problembär Bruno haben wir Regen, eine abgemagerte Kuh namens Yvonne und einen Innenminister, der zwischen Agenten-Tarnungen und Netznamen nicht zu unterscheiden weiß. Und überhaupt Yvonne: Im Ohr des Viehs dürfte der Klartext stehen. Jedenfalls geht das kleine Sommerrätsel in seine letzte Runde, inspiriert vom Sommercamp europäischer Hacker, die auf ihren Abflug in fremde Galaxien warten. Noch sind sie unter uns mit ihrer Vorratsmatespeicherung und Debatten, wie ein Mückenwegschmelzlaser programmiert sein müsste oder ob es nicht für Hacker-Weltraumfahrten praktischer wäre, wenn die Erde ein Würfel ist. Inspiriert vom allgemeinen Hackertum steht die Meatware oder Whetware im Mittelpunkt des dritten Teils des Sommerrätsels.

*** Es ist wirklich ein Kreuz mit den Namen. Nach einem Außenminister mit dem Kampfnahmen Joschka haben wir einen Innenminister, den Trabblpeter. So lässt sich Hans-Peter Friedrich im Kreise seiner Marathon-Mitläufer nennen, zu denen freilich nicht der Joschka gehört. Im täglichen Leben wie im Netz gibt es viele Spitznamen. So gibt es einen Hacker "Fefe" mit einem gleichnamigen Flog, der unterstützt von Hunderten der Tagesschau eine echte Hackerforum-Konkurrenz macht. Wer sich für seine Nachrichten interessiert, weiß, dass als "Name" Felix von Leitner eine andere Variante ist, aber schon droht das Chaos der Gesetzlosigkeit, wenn Klarnamen fehlen.

Frage 2: Eine Anzeige mit einem dieser bösartigen Hacker. Die vier Aussagen über ihn müssen für die deutsche Werbekampagne "kreativ" übertragen werden.

*** Apropos Chaos. Die CCC Veranstaltungs-GmbH zu Berlin hat das Sommercamp in Finowfurt veranstaltet, ein durch und durch den Tarnnamen zugetaner Verein. Wau, Terra, Tron und Hagbard – noch jedem Innenminister stand der blanke Angstschweiß auf der Stirn, wenn solche Namen erklangen. Am einfachsten hatte es wohl noch de Maizière im Dialog mit Constanze Kurz und Frank Rieger, geschickt gewählten Tarnnamen gewöhnlichster Bürgerlichkeit.
Daraus ergibt sich fast zwangsläufig Frage 1: CCC kennt man. Aber GGG?
Und Frage 2: Rechts im Bild eine Anzeige mit einem dieser bösartigen Hacker. Die vier Aussagen über ihn müssen für die deutsche Werbekampagne "kreativ" übertragen werden.

*** Der Streit um die Klarnamenspflicht bringt durchaus interessante Frontverläufe ans Tageslicht. Eine ausnehmend komplizierte Sommerkuh wird da durch die Diskurswälder getrieben. Was dem einen sein Uhl ist, ist dem anderen sein Schaar. Dieser bewahrt die Mindestmaßstäbe in einer Zeit, in der Arbeitgeber die Facebook-Profile ihrer Bewerber analysieren: Zur Erfindung der bürgerlichen Öffentlichkeit gehört auch die Rechte auf Schutz von Minderheiten. Die Künstlernamendebatte hat eine lange Tradition. Wie schon zur letzten Auflösung des Sommerrätsels geschrieben, glaube ich nicht an die positiven Auswirkungen von Klarnamen für den gepflegten Diskurs. Tag für Tag zeigen die Benutzer des Heiseforums, dass "bitbuerster", "Hinz & Kunz", "Faciliator" (eine Zufalls-Auswahl) vernünftig diskutieren können, ohne Gefährdung z.B. des Arbeitsplatzes. Die abschätzigen Bemerkungen zum Troll werden in der wissenschaftlichen Trollforschung durchaus nicht bestätigt, auch wenn die Trolle nicht als Elfen verklärt werden sollen. Fazit: Der Oberfranke Hans-Peter Friedrich findet in seinen Heimatsagen eigentlich genug Material zum lokalen Waldschrat, ohne den Kampf um Wesnoth spielen und verquere Gedanken zur Anonymität im Internet äußern zu müssen.
Schon wieder eine fast zwangsläufig sich ergebende Frage 3: Gesucht wird ein bekannter Spieler-Name, dessen reale Verkörperung einen Schritt der Hacker beim Aufbruch in die Galaxie verwirklicht hat.
Gleich weiter mit Frage 4: Gesucht wird das Backup eines sehr erfolgreichen Programmierers, der sein Land in der IT verewigte.

*** London calling und Blackberries sind mit dabei. Aufgeregte Politiker fordern darum die Abschaltung des Blackberry Messenger Systems, über den die Verabredungen der Aufständischen erfolgt sein sollen. Eilfertig verkündet dazu Research in Motion in Kanada, dass man mit den Ermittlungsbehörden kooperieren will. Auch von Kommunikationssperren à la mode de l'Egypte ist die Rede. Die Bürgerwehren schlagen mit Bildern zurück, die jedes Gesicht zum Täter machen, digitale Lynchstimmung ist angesagt. Wohin es führt, zeigen Nachrichten aus San Francisco, wo die Mobilkommunikation auf vier Stationen des BAR-Transportsystems vorab abgeschaltet wurde, weil man gewalttätige Proteste befürchtete. Alles "kleine" Vorfälle, die inmitten der Reden, Gedenkfeiern und Beflaggungen zum Mauerbau keine Erwähnung finden. Doch der Gedanke hinter den Abschaltungen ist nicht so weit von den Überlegungen der DDR-Führung entfernt, wie man annehmen könnte. Die Freiheit der Meinungen musste vor 50 Jahren unterdückt werden. "Keine Versammlungen. Keine Diskussionen. Wer den Mund aufmacht, wird verdroschen und der Polizei übergeben", lautete die Anweisung an die jungen Pioniere. Müsste heute die Mauer gebaut werden, wären die Mobilfunknetze das erste Opfer. Freiheit hat viele Details.
Bleiben wir mit Frage 5 bei den Hackern und bei der Politik: Welcher Hacker wurde wann als "FĂĽhrer" der freien Welt gefeiert?
Eingedenk eines Jubiläums dann Frage 6: Zum Geburtstag des PC schrieb er ein kleines Programm. Was schrieb er als c't-Autor?

Frage 7: Soviel Gesichtserkennung war nie. Welche deutsche Suchmaschine warb mit diesem geschmackvollen Bild des Homo Sapiens um Nutzer?

*** Die Menschen machen ihre Geschichte nicht aus freien Stücken und Erdbeerstückchen, schrieb einst ein Philosoph, nur um seinen großen Satz gleich selbst einzuschränken: Manchmal soll auch Pflaumenkompott eine Rolle spielen. Vor allem aber machen sie ihre Geschichte selbst. Ein höheres Wesen wie Gott oder das Spaghettimonster für die Geschicke der Menschheit verantwortlich zu machen, vereinfacht den großen Schaltplan bis zur Unbrauchbarkeit. Dennoch brauchen viele Menschen einen Philosophen, der ihnen die Welt erklärt wie Hacker das Ziel brauchen, einen Hacker auf den Mond zu befördern. Selbst Google hat einen Hausphilosophen, Dr. phil./evil. Horowitz, der mit einer kleinen philosophischen Erdferkelei begann. Anders als Kant, der beim Zertrümmern aller Kategorien seinen Diener Lampe in den Alkoholismus trieb, hat Horowitz die große Aufgabe, jenseits von Mac OS, Windows und Linux ein moralisches Betriebssytem zu entwickeln, dass für ethische Fragen zuständig ist. Etwa diejenige, was die Gesichtserkennung in Suchmaschinen für die Gesellschaft bringt.
Bei Gesichtern stellt sich Frage 7: Soviel Gesichtserkennung war nie. Welche deutsche Suchmaschine warb mit dem geschmackvollen Bild des Homo Sapiens, links zu sehen, um Nutzer?
Und um kurz bei der Philosophie zu verweilen hier Frage 8: Auch eine deutsche Firma hatte einen Philosophen eingestellt, um ihren Mitarbeitern den Wunsch nach einem gelingenden Leben zu vermitteln. Wie hieĂź die Firma und ihr GlĂĽckskeks?

Was wird.

Frage 9: Das Oracle von Delphi ist es nicht. Wer spielt den Zeus?

Frage 10: Und welche Dreifaltigkeit wird auf diesem Bild gesucht?

Je mehr Computer, Smartphones, intelligente Haushalts-Schaltungen und Geräte zur Überwachung des Körpers uns umgeben, je mehr Informationen ins soziale Leben fließen, desto mehr gegenseitiges Verständnis wird unter den Menschen herrschen. Diese freundliche Auslegung von Mc Luhans globalen Dorf stammt vom Hausphilosophen einer anderen Firma, der mittlerweile als Innovations- und Veränderungsberater im Auftrag großer "Cloud-Hersteller" durch die Gegend tingelt. Seine Prognose aus dem Jahre 2000 will er nicht mehr hören. Die Menschen verstehen sich nicht besser, aber sie haben schneller Zugriff auf Daten und das überall. Die große Erzählung vom besseren Verständnis ist zu Ende, auch bei den Hackern im Chaos Communication Camp, das sich heute auflöst, wehten in dieser Woche die Winde der Veränderung.Es klang so schlecht wie das Gedudel von den Scorpions und passte bestens zum Gerede vom moralischen Betriebssystem. "Die Hacker-Ethik als regulative Kraft verliert ihren Einfluß", verkündete CCC-Mitglied Jens Ohlig.
Anonymous übernimmt, in schönster Billy the Kid-Manier. "Wir sind Internet-Banditen, weil ihr uns dazu gezwungen habt", der Vorwurf wurde den versammelten Hackern gemacht. Manch einer, der zum dahingerotzten Trotz noch Solidarität einfordert, wird sich nach dem Verschwinden der Hacker wundern, wer jetzt solch lustige Zeltgelage organisiert. Doch noch fliegen die putzigen Drohnen, die im Alltagseinsatz über Menschenmengen fliegen und nach Teilnehmern suchen sollen, die Thuraya-Telefone tragen, wenn Festnetz und Mobilfunk abgeschaltet sind, wenn sich die Menschen eben nicht verstehen können sollen.
Manche könnten denken, Frage 9 hätte auch was mit Philosophie zu tun: Das Oracle von Delphi ist es nicht. Wer spielt auf dem Bild rechts den Zeus?
Frage 10: Und welche Dreifaltigkeit wird auf dem Bild links gesucht?

(jk)