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Was war. Was wird. (Und ein letztes Rätsel im Rücktrittssommer)

Dass das Denken die Richtung ändern kann, ist kein Vorteil, wenn die Gedanken dann immer nur im Hirn kreiseln. Aber Freiheit, das ist mehr als Abwesenheit von Kontrolle, ist sich Hal Faber sicher, auch wenn das schon mal eine guter Anfang ist.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Na, so was: ein Programm der deutschen Softwareschmiede Deus Ex Machina Communications sollte in der letzten Wochenschau geraten werden, ein Programm, das 1997 die Zeitachsenkonzepte von David Gelernter in ein Benutzeroberfläche umsetze, in der der Zeitstrahl die herkömmliche Struktur von Dateien und Ordnern ersetzte. Mit Deus ex Machina startet die F.A.Z. ein neues Blog unter der Generalregie des Angstbeißers Don Alphonso, der gerne alles vergisst, was ihm nicht in den Kram passt. Der neue Auftritt ersetzt den arg theorielastigen "CTRL-Verlust" von mspro, der, heimgekehrt in seinen eigenen Blog, die richtigen Gedanken zum Verlust formuliert. Das Geschwätz über Eliten und Youporn steht gegen die Überlegungen, wie der per Youtube auf Dauer festgehaltene Tod der Menschen auf der Loveparade die Autonomie des modernen Internet-Menschen fördert, sich eine eigene Meinung zu bilden. Sehr schön zu sehen übrigens in Internet-Cafes, in denen Neugierige beim Betrachten des Videos eine Hand-Hals-Geste machen und ihr eigenes Gesicht berühren: Eine entwicklungspsychologisch Resthaltung aus der Kindheit, wo man die Hand vor den Mund legte vor Schrecken. Wo aber die Gedanken nur frei sind, im eigenen Hirn zu kreisen, da gibt es keine Freiheit.

*** Ein Blick in die gedruckte F.A.Z., die mit dem Bürger Gauck wirbt, klärt auf: 10709,29 Euro verdient Duisburgs OB Adolf Sauerland. 35 Prozent dieser Summe erhält er, wenn er ordentlich abgewählt wird und nicht einfach so zurücktritt. Dann erhält er nicht nichts, aber nur ein Bruchteil seiner Lehrerpension. Das ist anders, als wenn ein Bundespräsident unverzüglich zurücktritt, bei vollen Bezügen bis zum Lebensende, mit einem Büro und einem Präsidentenwagen samt Fahrer. Wer will, kann daraus den Zustand der politischen Kultur ablesen, nicht nur aus dem Schmerz der Hinterbliebenen und unzureichend Versicherten. Wie hieß nochmal früher das Motto der Loveparade? Friede, Freude, Eierkuchen. Nur muss der Kuchen kostengünstig zusammengeruhrt werden. Als ehemaliger Bürgermeister müsste Sauerland übrigens nicht Bauarbeiter werden.

*** Während die Politiker urlauben, hat das Wahlgedächtnis Abgeordnetenwatch ihre Zeugnisse veröffentlicht. Das Ungenügend für die Bundeskanzlerin, die auf 88 Anfragen kein einziges Mal reagierte, wird mit dem Regieren zu erklären sein, da hat man alle Hände voll zu tun. Erstaunlich ist schon eher das Ungenügend für den Medizinexperten der SPD-Opposition, den sonst so medial präsenten Karl Lauterbach, der schweigt. Die Note ausreichend für Wolfgang Schäuble, der 88 von 162 Fragen beantwortet hat, zeigt wieder einmal, dass Zensuren per Definition ungerecht sind. Sei's drum, in diesem letzten Sommerrätsel werden Personen gesucht, die rund um den Computer Bemerkenswertes geleistet haben oder leisten wollen.
Also Frage 1: Ein schlanker Bundesadler freut sich mit ihm am Jubiläum. Wer ist gemeint?
Und nicht gezaudert, gleich weiter:Frage 2: Aus rechtlichen Gründen verlinke ich zu einem kleinen Bilderrätsel von der FOSDEM. Ein Kreuz sucht einen Träger.

Frage 4: Gesucht wird eine bekannte Aussage von Eric Schmidt zur digitalen Identität - die nicht in der Wikipedia steht.

*** Im letzten Sommerrätsel tauchte Google-Chef Eric Schmidt auf, der kurz nach seiner Präsentation der digitalen Identiät "Digitalme" von Novell zu Google wechselte. Der Stuhl im Foto sollte für die Weltherrschaft stehen, auf die sich Novell vorbereitete, er soll auch heute noch in Schmidts Büro stehen. Bekanntlich wurde nichts daraus, statt Digitalme kommt Dikrätze, schick denglisch in Form von De-Mail, die Anwälte wie Verbraucherschützer ablehnen. Bereits vor einem Jahr gab es eine vernichtende Kritik des Projektes auf dem DFN-CERT-Workshop 2009, die mit diesem Satz endete: "Nicht ausgeschlossen ist aber auch ein schleichender Zwang zur Nutzung der Bürgerportale, etwa indem die Steuererklärung oder andere amtliche Schreiben zukünftig nur noch gebührenfrei als De-Mail verschickt werden könnten." So sieht die Zukunft vielleicht aus, amtlich aufgezeichnet und natürlich ein deutscher Exportschlager, wie die LKW-Maut und die elektronische Gesundheitskarte. Derweil investiert der lex-Programmierer Schmidt mit seiner Firma Google in Firmen wie Recorded Future, gemeinsam mit dem Investment-Arm der CIA: Die Zukunft wird aufgezeichnet. Und ein Fusion Center gehört in jede Nachbarschaft.
Nichts Böses tun, das ist ein netter Witz unter Bekannten, nicht nur bei CIA und NSA.
Woraus sich Frage 3 ergibt, von mir aus mit Google: Wie heißt der oberste Gedankenpolizist, der hier geschaffen wird?
Aber wo wir schon bei Google sind, gleich Frage 4: Gesucht wird eine bekannte Aussage von Eric Schmidt zur digitalen Identität - die nicht in der Wikipedia steht.

*** Blut soll an den Händen der vielen Freiwilligen kleben, die bei Wikileaks geholfen haben, dass das US-amerikanische Tagebuch des Afghanistan-Krieges veröffentlich werden konnte. Es besteht aus Tausenden von Dokumenten, wobei rund 15.000 nicht veröffentlicht wurden, um keine Menschen in Gefahr zu bringen. Dennoch sei es möglich, die afghanischen Bürger zu erkennen, die mit den US-Truppen zusammenarbeiten, behaupten die US-Truppen. Und überhaupt sei das Material sowas von ausgelutscht, heißt es im Gegentum. Die Brisanz haben andere erkannt, die mit ausreichenden Erfahrungen in Afghanistan die Dokumente beurteilen: Es gibt zwei Kriege in Afghanistan, den Kampf gegen den Terror mit seinen Wiederaufbauplänen und einen Krieg abseits aller Kontrolle, der sich innerafghanische Konflikte zu Nutze macht. Was folgen wird, sind zwei Informationskriege gegen Wikileaks. Einmal bleibt es offizielle Propaganda, dass die Dokumente unbedeutend sind, zum anderen ist die Jagd auf Unterstützer eröffnet. Am Ende wird man im schicken Googleplex fündig werden und das Medienphänomen namens "Julian Assange" wird der Wikikaiser ohne Kleider sein.
Daher Frage 5: Gibt es Rettung? Ist das Pentagon nur eine kleine Partei im fernen Illyrien? Gesucht wird der Erfinder des Roten Knopfes.

*** Ein Blick hinter die Kulissen? Eigentlich sollten an dieser Stelle Hunde geraten werden, die neben all dem Katzen-Content eine kleine, tapfer schnüffelnde Sondereinheit des Internets sind. Biff hatten wir schon und der Cartoon des New Yorker ist mehrfach in der Wochenschau aufgetaucht. Von Hunden ging das Rätselteam weiter zu einer schönen Frau, die gerne mit einem kleinen Fifi auftrat und es vier Jahre lang zur "Queen of the Internet" brachte. 1999 wurde sie the "most downloaded women" der Welt, mit Download-Zahlen die heute vom Bitkom belächelt werden. Über Cindy Margolis gibt es viele Geschichten, doch in einer lustigen Internet-Pistole war sie einstmals der "leading act".
Das können wir aber besser, und zwar mit Frage 6: Gesucht wird der richtige Name des Mannes des unerreicht größten Internet-Spektakels.
Dabei muss es aber nicht bleiben, zeigt Frage 7: Auch Deutschland hatte seine Stars. Es gab einen König des Internet, der sein Reich als "Meine Welt" ausgab. Sein Name?

Frage 8: Ein Mann macht sich hier einen Reim auf Stühle und Äpfel. Sein Name?

*** Die Frage der Vergänglichkeit beschäftigt viele Menschen, unter anderem Steve Jobs. Apple soll nicht nur eine Modefirma sein. Der Name soll dereinst davon künden, was diese unsere Kultur ausmachte, die Jahre transzendiert. Schon heute stehen der Apple Newton und der Apple eMate in den Glasvitrinen der Design-Museen dieser Welt.
In Dezennien, wenn viele Menschen nur noch wissen, dass Mozart ein BTX-Programm war, wird Ruhm und Lob für Apple sicher sein, wegen der Frosch-Hardware. Die Firma gab unserem Biedermeier ihre Form.
Es folgt natürlich Frage 8: Ein Mann macht sich hier einen Reim auf Stühle und Äpfel. Sein Name?

Was wird.

Friede, Freude, Eierkuchen, die nächste Klappe: Wir kommen in Frieden soll die Veranstaltung heißen, die die Firma Chaos Computer Club zwischen den Jahren in Berlin anbietet. Wobei nicht ganz klar ist, ob das Motto nach dem Song von Curtis Mayfield gedacht ist oder nach den Golfern von Bobby Conn & The Glass Gypsies. Bemerkenswert ist jedoch die Rede vom Cyberspace als natürlichem Lebensraum der Hacker, wenn es in der CCC-Einladung heißt: "We come in peace, we say as hackers, geeks and nerds, when we set out towards the real world and try to change it, because it has intruded into our natural habitat, the cyberspace." Woher kommen sie, wenn nicht aus einer realen Welt mit Fleisch und Blut und vielen Nabelschnüren. So geht der Hype munter weiter, genau wie jener Mythos vom Krieg der Welten, der zu heftigen Irritationen geführt haben soll. Dabei waren das nur einige Zeitungen, die maßlos übertrieben, um die damals neue Medienkonkurrenz des Radios zu diskreditieren.
So suchen wir dann mit Frage 9 ein Geburtstagskind. "Er tanzte wie ein Alien, aber galant." Wer ist gemeint?
Apropos Geburtstag: Frage 10 sucht einen Menschen, von dem das Geburtstagskind profitierte. Ein bisschen Rekursion muss sein.

Rekursion? Soll sich die Geschichte endlos wiederholen, vom Knall zur Komödie, von der Farce zum Tweet zur DBA? Das Rätsel ist vorbei, der Sommer hoffentlich noch nicht. Die allgemeine Zeck Attack auf den Verstand geht schließlich weiter. Das Rätsel wird im Sommer 2011 wiederkommen, hoffentlich in tanzbaren Zeiten. Aber kann mir tatsächlich jemand beibringen, wie man wirklich richtig langsam tanzt? Wie auch immer, auf Leservorschlag werden im Rätsel des nächsten Jahres dann im großen Stil Benutzeroberflächen geraten, von denen es überraschend viele gibt. Die Auflösungen zum heutigen Teil kommen am Montag oder finden sich im Forum, für die, die am delirium forumulus heisensis leiden. (jk)