Washington Post stellt Website auf HTTPS um

Als erste große Nachrichten-Website verschlüsselt die US-Zeitung Washington Post die Übertragung ihrer Online-Inhalte. Das Medium rechnet mit Einnahmeverlusten, hat aber mit Jeff Bezos einen finanzstarken Eigentümer hinter sich.

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Washington Post HTTPS

(Bild: Screenshot)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Herbert Braun

Seit Dienstag liefert die Website der renommierten US-amerikanischen Zeitung Washington Post ihre Inhalte verschlüsselt über HTTPS aus. Dadurch kann die Post ihren Besuchern besseren Datenschutz anbieten: Außenstehende können beispielsweise nicht mehr erfahren, welche Webseiten ein Besucher auf der betreffenden Domain aufruft. HTTPS schützt die Inhalte außerdem auch vor nachträglicher Manipulation.

Für die Verschlüsselung kommt TLS in der aktuellen Version 1.2 zum Einsatz. Während die Startseite per Default mit HTTPS ausgeliefert wird, hinkt das Content-Management-System offenbar noch hinterher: Ein Großteil der Links zeigt auf HTTP-Inhalte. Nach einer manuellen URL-Änderung oder bei Rückgriff auf eine Browser-Erweiterung wie HTTPS Everywhere lassen sich aber auch die Unterseiten verschlüsselt erreichen.

Während für große Online-Dienste HTTPS längst Standard ist und unverschlüsselte Verbindungen in HTTP 2.0 beinahe abgeschafft worden wären, scheuen vor allem Nachrichten-Websites vor Verschlüsselung zurück. Diese setzt nämlich voraus, dass auch alle eingebundenen Inhalte per HTTPS verschickt werden. Andernfalls erhält der Nutzer einen erst recht verunsichernden Hinweis. Und das ist kein kleines Problem: Bei einer Untersuchung der Probleme einer Umstellung von Websites auf HTTPS von c't Ende 2014 zeigte sich, dass große deutschsprachige Nachrichten-Websites Inhalte von bis zu 60 verschiedenen Domains auf ihrer Startseite einbetten.

Hauptgrund dafür ist natürlich die Werbung, von der fast alle Nachrichten-Angebote abhängig sind. Zwar können die meisten Werbenetzwerke Anzeigen per HTTPS ausliefern, aber eben noch nicht alle. Dadurch reduziert sich der Wettbewerbsdruck bei den Bietverfahren, sodass die Betreiber zu den Mehrkosten für die HTTPS-Umstellung auch Einnahmeausfälle einplanen müssen. Einige der Nachrichtenangebote – darunter auch heise online – prüfen seit geraumer Zeit die Auslieferung per HTTPS, sehen dafür aber bislang noch keine Möglichkeit.

Die New York Times hatte letztes Jahr für HTTPS plädiert, doch lässt sich dieser Artikel ebenso wenig damit aufrufen wie alle anderen dort gehosteten Nachrichtenseiten. Ausnahmen sind Seiten wie Medium.com, The Intercept oder das deutsche Krautreporter, die die Regeln des Online-Journalismus zu verändern suchen und andere Finanzierungsmodelle haben. Auch die Washington Post hat eine ebenso mächtige wie technikaffine Kapitalquelle im Hintergrund: Vor zwei Jahren kaufte Amazon-Gründer Jeff Bezos die Washington Post. Die geht davon aus, dass die Online-Werbeinnahmen durch den Schritt sinken werden.

Lesen Sie dazu auch einen ausführlichen Hintergrund bei c't:

  • Werbung versus Sicherheit: Probleme bei der Umstellung von Websites auf HTTPS

(mho)