Wikileaks: Mehr "Spy Files" über deutsche Überwachungssoftware
Mit der vierten Ausgabe der "Spy Files" leuchtet Wikileaks die Kundschaft des deutschen Überwachungsspezialisten FinFisher weiter aus.
Auf der Whistleblower-Plattform Wikileaks wurden am Montag weitere Informationen über den deutschen Softwarehersteller FinFisher und seine Kunden veröffentlicht. Mit dieser vierten Teillieferung der "Spy Files" wird die Arbeit des Spezialisten für Überwachungssoftware weiter erhellt. Nach Schätzungen von Wikileaks hat das bis 2013 zur britischen Gamma Group gehörende Unternehmen bis zu 50 Millionen Euro Lizenzgebühren eingenommen.
Die von Wikileaks veröffentlichten Spy Files 4 enthalten vor allem Erkenntnisse aus der Supportdatenbank der Münchener Firma FinFisher, die nach einem Hackerangriff vor wenigen Monaten im Netz aufgetaucht war. Wikileaks hat diese Datenbank auf Kundenanfragen untersucht und eine Liste der Kunden veröffentlicht, die FinFisher-Lizenzen besaßen oder heute noch besitzen.
Stimmen die Analysen von Wikilekas, so wird FinFisher in weitaus mehr Ländern eingesetzt, als bisher angenommen. Ein Großkunde ist demnach die Mongolei, derzeit geschäftsführendes Land der Freedom Online Coalition. Singapur spricht in einer Support-Anfrage explizit von 150 "Dissidenten und anderen Zielen", die überwacht werden sollen (Lizenzkosten: 660.000 Euro). Zudem führt Wikileaks einige deutsche Kunden von FinFisher auf, etwa die Cobham Surveillance GmbH, die Elaman GmbH und die ehemals zu Siemens gehörende Firma Trovicor. All diese Firmen arbeiteten offenbar als Subunternehmer im Geschäft mit FinFisher-Software.
Gutes Geschäft
Auf Basis dieser Kundenliste und einer Preisliste kommt Wikileaks zum Schluss, dass der Umfang des Gesamtgeschäftes von FinFisher erheblich größer als bisher angenommen ist. Wissenschaftler der Forschungsstelle Internet und Menschenrechte hatten das Geschäft der gesamten Gamma Group zuvor auf 20 Millonen Euro taxiert. Wikileaks geht nach eigenen Berechnungen nun von 50 Millionen Euro Lizenzeinnahmen aus.
"Warum fährt die Merkel-Regierung damit fort, FinFisher zu schützen?", fragt Wikileaks-Chef Julian Assange in einer Erklärung zur Veröffentlichung der "Spy Files" vom Montag. Die Bundesregierung spreche zwar gerne über Datenschutz und Privatsphäre, handele aber nicht danach. Mit der Veröffentlichung der FinFisher-Daten solle die technische Community in die Lage versetzt werden, "Menschen vor den Überwachungsangriffen von FinFisher zu schützen und die Kommando- und Kontrollcenter zu enttarnen". (vbr)