Wikipedia erhält staatliche Förderung
Mit Bundesmitteln sollen die Informationen über nachwachsende Rohstoffe in der Wikipedia systematisch aufbereitet werden. Mehrere hundert Artikel zum Themenbereich sollen in den nächsten Jahren entstehen.
Die deutschsprachige Ausgabe der freien Internet-Enzyklopädie Wikipedia kommt erstmals in den Genuss einer staatlichen Förderung. Mit Bundesmitteln sollen die Informationen über nachwachsende Rohstoffe in der Wikipedia systematisch aufbereitet werden. Mehrere hundert Artikel zum Themenbereich sollen in den nächsten Jahren entstehen.
"Einzelne Stichwörter sind in der Wikipedia schon heute vorbildlich beschrieben", erklärt Andreas Schütte den Zustand des Themengebiets "Nachwachsende Rohstoffe" in der deutschsprachigen Wikipedia. Schütte ist Geschäftsführer der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), die sich aus den Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz finanziert und die für die Erforschung und die Markteinführung der nachwachsenden Rohstoffe zuständig ist. In vielen Fällen dagegen seien die Stichwörter in der Wikipedia nur sehr knapp dargestellt, nicht aktuell und andere fehlten gänzlich, meint Schütte: "Gemeinsam mit der Wikipedia-Community und bisher noch nicht in der Wikipedia aktiven Experten wollen wir dies in den kommenden drei Jahren nachhaltig ändern."
Unter der Federführung des privaten Nova Instituts soll sich die bisherige mangelhafte Darstellung des Themenbereichs ändern. Das Institut will externe Fachleute für erneuerbare Rohstoffe für die Arbeit in der Wikipedia gewinnen. Da die Mitarbeit in dem Community-Projekt nicht ohne Tücken ist, sollen die zukünftigen Wikipedia-Autoren zunächst im Umgang mit Wikipedia geschult werden. Dazu sucht das Institut als Unterstützung einen engagierten Wikipedianer, der die Projektkoordination übernimmt. Zu diesem Zweck haben die Projektpartner eine Teilzeitstelle ausgeschrieben. Interessierte Wikipedianer können sich ab sofort bewerben.
Herausforderung ist es, die in anderen Projekten bewährten Fachautoren für die Mitarbeit in dem Mitmach-Lexikon zu motivieren. Projektleiter Florian Gerlach sagt im Gespräch mit heise online: "Fachbeiträge für normale Zeitschriften oder auch für andere Online-Veröffentlichungen werden geschrieben, gegebenenfalls einmal redaktionell bearbeitet und veröffentlicht. Artikel in der Wikipedia entstehen radikal anders: Sie wachsen kontinuierlich unter Beteiligung mehrerer, häufig anonymer Autoren, das Ergebnis ist nie feststehend, die Texte dürfen auch von Dritten veröffentlicht und verändert werden." Die Autoren sollen sozusagen bei der Hand genommen werden, um den Umgang mit der Wikipedia zu lernen.
Gleichzeitig setzen die Projektverantwortlichen auch auf die Popularität der Wikipedia. "Es gibt zwar genug Veröffentlichungen zum Thema in Papier-Form. Wer aber mal eben Informationen nachschlagen will, guckt eben lieber in die Wikipedia", sagt Gerlach. Deshalb sollen in der Wikipedia bald auch Artikel zu Faserpflanzen, dem Biokraftstoffquotengesetz oder naturfaserverstärktem Kunststoff entstehen. Bevor die ersten Artikel geschrieben werden, haben die Projektverantwortlichen eine ausführliche Planungsphase angesetzt.
Der Verein Wikimedia Deutschland betreut das Projekt auf Seiten der Wikipedia. In der Wikimedia-Geschäftsstelle in Frankfurt soll der Projektbetreuer angesiedelt werden. Eine solche Projektarbeit ist ein Novum bei der Mitmach-Enzyklopädie. Zwar fällt kein Geld für den kostspieligen Betrieb der Wikipedia-Server ab, aber immerhin erhält der Verein finanzielle Unterstützung für die Fortentwicklung der Wikipedia-Inhalte. Bisher wird der Betrieb der Wikipedia und ihrer Schwesterprojekte vor allem durch Spenden finanziert. Schon länger planen die Projektverantwortlichen, sich auch über Projektarbeiten zu finanzieren – wie zum Beispiel auch die Mozilla Foundation –, das deutsche Projekt ist jedoch das erste seiner Art.
Mitte Juni hatte der deutsche Verein seine bisher größte Spende verzeichnen können: Die Deutsche Telekom unterstützte die gemeinnützige Organisation mit 20.000 Euro. Begründet wurde die Spende mit der Integration von Wikipedia-Inhalten in die Online-Angebote des Konzerns. Die Wikimedia Foundation mit Sitz in Florida bietet einigen Abnehmern auch privilegierten Zugriff auf die Wikimedia-Server an. Zwar kann jeder prinzipiell kostenlos auf die Wikipedia-Inhalte zugreifen, die Generierung eines ständig aktuellen Feeds zum Beispiel für mobile Angebote ist jedoch technisch aufwendig. (Torsten Kleinz) / (jk)