Zahlen, bitte! Drei Sonnenmassen für minimale Kräuselungen in der Raumzeit
Am Mittwoch jährt sich das Ereignis, das zum Nachweis von Gravitationswellen führte. Bei der Verschmelzung zweier schwarzer Löcher wurden drei Sonnenmassen in Gravitationswellenenergie umgewandelt, die winzige Verzerrungen der Raumzeit hervorrufen.
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Vor über einer Milliarde Jahren: Zwei für kosmologische Verhältnisse eher kleine schwarze Löcher, Objekte mit etwa der 36-fachen respektiven 29-fachen Sonnenmasse, umkreisen einander und geben aufgrund der Beschleunigung Energie in Form von Gravitationswellen ab; so sagt es Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie voraus. Dadurch verliert das System weiter an Energie und der Abstand der einander umkreisenden Objekte nimmt weiter ab (Inspiral).
Schließlich erreichen sie ein irrwitziges relatives Tempo von etwa der halben Lichtgeschwindigkeit . Als sich schwarzen Löcher bis auf wenige hundert Kilometer angenähert haben, oszillierten sie im letzten Augenblick vor ihrer Verschmelzung (Merger) mit 150 Hz. Bei dem Merger werden im Bruchteil einer Sekunde drei Sonnenmassen, also knapp 6 × 1030 kg, in Gravitationswellenenergie umgewandelt. Die Energie breitet sich in Form von Raumverzerrungen mit Lichtgeschwindigkeit im Universum aus und trägt die Information über das Ereignis mit sich. Kurzzeitig war die abgestrahlte Leistung dadurch zehnmal höher als die gesamte Leuchtkraft aller Sterne und Galaxien im beobachtbaren Universum!
Erschütterung der Raumzeit
Und was ist davon auf der Erde angekommen? Zum Glück nicht viel: Am 14. September 2015, 9:50:45 Uhr (UTC) durchlief ein "interessantes" Signal (GW150914) innerhalb von 10 Millisekunden die Laser Interferometer Gravitational-wave Observatories (LIGO) in Hanford (Washington) und im 4000 Kilometer entfernten Livingston (Louisiana).
Gravitationswellen nachgewiesen (8 Bilder)
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(Bild: Ligo)
Schon wenige Stunden später entdeckten Hannoveraner Forscher bei der Sichtung der LIGO-Daten das besagte Signal. Aber es sollte noch fünf Monate – und mehrere Dutzend Millionen CPU-Stunden – dauert, bis sich die Wissenschaftler sicher waren, dass sie tatsächlich erstmals in der Gravitationswellen direkt nachgewiesen hatten ... und leisteten damit einen weiteren Beleg für die Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie.
(Bild: LIGO)
Hungerjahre
Die LIGO-Detektoren suchen bereits seit den 2000er Jahren gemeinsam mit TAMA300 (Japan), GEO600 (Deutschland) und Virgo (Italien) nach Gravitationswellen, wurden aber nicht fündig, weil die Messgenauigkeit nicht ausreichte. Zwar war die Empfindlichkeit schon damals sehr hoch, doch die durch Gravitationswellen hervorgerufenen Raumverzerrungen sind (zum Glück) winzig. Die Längenänderung der Interferometer-Arme ist proportional zur Stärke der Gravitationswelle – "Strain" oder Gravitationswellendehnung genannt –, der in der Größenordnung eines zehntausendstel Protondurchmessers liegt.
Verbesserte Empfindlichkeit
Erst seit Mai 2015 arbeiten die beiden (Advanced-)LIGO-Interferometer mit einer höheren Genauigkeit, die ausreichte, um die maximale Gravitationswellendehnung lag im Fall von GW150914 bei 1 × 10-21 mit der nötigen Signifikanz nachzuweisen (5,1 Sigma).
Die frequenzabhängig um einen Faktor 4 bis 10 bessere Empfindlichkeit wurde durch mehrere Maßnahmen erzielt: So wurde die Laser-Leistung erhöht und schwerere Testmassen aus verschmolzenem Silika verwendet, die nun zwecks seismischer Isolierung an Vierfach-Pendeln hängen. Einen genaueren Einblick in den technischen Aufwand, den man beim Bau solcher Interferometer betreiben muss, gewährt der Artikel über den "Besuch bei den Gravitationswellenjägern" des GEO600 in Ruthe bei Hannover.
Woher die Wissenschaftler wissen, wieso das Ereignis GW150914 ausgerechnet durch die Verschmelzung zweier schwarzer Löcher hervorgerufen wurde und wie sie ausschließen konnten, dass es sich um einen Fehlalarm handelte, erläutern sie in einer allgemeinverständlichen Zusammenfassung. Noch mehr Kennzahlen haben die Forscher in einem Fact Sheet zusammengestellt. (vza)