Zwei Millionen US-Dollar für Wikipedia & Co
Die Wikimedia Foundation hat im Rahmen ihrer jüngsten Spendenkampagne mehr als zwei Millionen US-Dollar eingesammelt. Doch Grund zum Jubeln ist das noch nicht: Allein in diesem Jahr beläuft sich der Finanzbedarf auf 4,6 Millionen US-Dollar.
Die Wikimedia Foundation hat mit ihrer jüngsten Spendenkampagne mehr als zwei Millionen US-Dollar eingesammelt. Unterdessen sind Details über die zukünftige Ausrichtung der Organisation bekannt geworden, die neben der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia auch zahlreiche Schwesterprojekte betreibt. So ist eine Funktion zum gemeinsamen Editieren von Videos geplant.
Auf der Mailingliste der Wikimedia Foundation hat der neue Wikimedia-Vize Erik Möller eine erste Bilanz der Spendenkampagne veröffentlicht. Danach machten rund 45.000 Klein-Spender zusammen insgesamt 1,5 Millionen US-Dollar für die Foundation locker. Wesentlich für das Endergebnis war aber eine anonyme Großspende, die eine halbe Million US-Dollar in die Kassen der Foundation spülte. Zwar ist dies das beste Ergebnis einer Spendenkampagne der Organisation, Grund zum Jubeln gibt es aber noch nicht. Wegen der enorm gestiegenen Kosten hat die Organisation im aktuellen Geschäftsjahr ein Budget von 4,6 Millionen US-Dollar eingeplant. Das benötigte Geld soll jetzt durch die Ansprache von potenziellen Großspendern zusammenkommen.
Einblicke in die Pläne der neuen Wikimedia-Geschäftsführerin Sue Gardner gewährt ein vertrauliches Strategie-Papier, das ausgerechnet bei dem von Wikimedia selbst betriebenen kollaborativen Journalismus-Portal Wikinews veröffentlicht wurde. Das 28-seitige Papier gibt eine Präsentation wieder, die Gardner und Möller beim Computer-Konzern Sun hielten, um für eine finanzielle Unterstützung zu werben. Das Papier bestätigt im Wesentlichen die Pläne, die Sue Gardner bereits in einem Exklusiv-Interview mit der c't skizziert hatte, enthält aber auch bisher unbekannte Details.
In dem Papier ist unter anderem eine technische Roadmap enthalten. Die Veröffentlichung der gesichteten Versionen ist demnach für Mai diesen Jahres geplant, gleichzeitig sollen auch andere Werkzeuge zur Qualitätssicherung in der Wikipedia freigeschaltet werden. Einen Schwerpunkt legt die Foundation auf zukünftige Print-Versionen der Wikipedia-Artikel. Zunächst will die Wikimedia Foundation in Zusammenarbeit mit dem Mainzer Unternehmen Pediapress eine Drucktechnik in die Wikipedia integrieren, die nach und nach ausgebaut werden soll. So sollen die Artikel zunächst ins PDF-Format, später auch ins OpenDocument-Format exportiert werden können. Für Herbst diesen Jahres sind auch sogenannte "Smart dumps" vorgesehen, die wohl den Druck einer Zusammenstellung ganzer Themenbereiche aus der Wikipedia ermöglichen. Ein weiteres Projekt ist eine Software zum gemeinsamen Editieren von Videos innerhalb der Wikimedia-Projekte. Nach den Screenshots zu urteilen, sollen die freiwilligen Autoren die Möglichkeit bekommen, Videos online zu schneiden und mit Audiokommentaren zu versehen.
Auch über die zukünftige organisatorische Ausrichtung gibt das Papier Auskunft: So sollen bis zum Juni dieses Jahres insgesamt 21 Angestellte für das neue Büro der Foundation in San Francisco arbeiten. Unter den neuen Angestellten sind demnach vier Entwickler, auf Verwaltungsseite werden unter anderem Verantwortliche zur Entwicklung von Partnerschaften mit anderen Organisationen, dem Werben für Spendengelder und ein Buchhalter engagiert. In diesen Bereichen war die gemeinnützige Stiftung bisher sehr schwach aufgestellt. So liegt bis heute noch nicht das Ergebnis der Buchprüfung des vergangenen Geschäftsjahres vor. In einer zweiten Phase soll das Team im Wikimedia-Büro weiter anwachsen: Für 2009 sieht das Strategie-Papier eine Belegschaft von 29 Angestellten vor.
Damit geht auch ein Anstieg der Kosten einher: Für das Geschäftsjahr 2008/2009 sieht das Papier ein Budget von 8,5 Millionen US-Dollar vor, darin sind 4,9 Millionen US-Dollar für den Betrieb der Server enthalten. Um dies zu gewährleisten, hat Sue Gardner während einer Goodwill-Tour potenzielle Spender aufgesucht und von der Mission der Wikimedia Foundation zu überzeugen versucht. Als mögliche Gegenleistung für Spenden sieht Wikimedia-Gründer Jimmy Wales die Bekanntmachung solcher Partnerschaften. So könne ein Hardware-Sponsor damit werben, dass seine Produkte bei der Wikimedia Foundation eingesetzt werden. Für die Stiftung ist das eine Gratwanderung: Traditionell ist die Wikipedia-Community gegen Werbung jeglicher Art eingestellt.
Die Veröffentlichung des vertraulichen Papiers stößt bei den Verantwortlichen der Wikimedia Foundation nicht auf Begeisterung. So hatte Gardner in E-Mails klargestellt, dass sie diese Details noch nicht kommunizieren wolle, da derzeit noch viele Gespräche geführt werden müssten und Details nicht sicher seien. Auf der Mailingliste der Wikimedia Foundation wird die derzeitige Kommunikationspolitik heftig diskutiert. (Torsten Kleinz) /
Siehe dazu auch das Interview mit Wikimedia-Geschäftsführerin Sue Gardner in der aktuellen c't-Ausgabe 2/08:
(pmz)