Die Woche: Kaufrausch

Open-Source-Firmen als Objekt der Begierde

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Inhaltsverzeichnis

Anfang des Jahres orakelten wir, dass dieses Jahr einige Open-Source-Firmen aufgekauft werden würden – sei es von traditionellen Software-Herstellern, sei es von größeren Open-Source-Anbietern, die ihr Portfolio abrunden wollen. Unter den damals genannten potenziellen Kandidaten befanden sich auch der Virtualisierungsspezialist XenSource, mittlerweile Teil von Citrix, und der Groupware-Anbieter Zimbra, gerade unter das Dach von Yahoo geschlüpft. Sun hat Cluster File Systems (CFS) übernommen, den Hersteller des quelloffenen Cluster-Dateisystems Lustre, Xandros den Groupware-Hersteller Scalix.

Aber warum kauft man ein Open-Source-Unternehmen? Wegen der Software? Die ist doch für jedermann verfügbar. Geht es um Einfluss auf die Entwicklung? Ein kleines Open-Source-Unternehmen wird sich kaum dagegen wehren, wenn eine große Firma bereit ist, Geld in die Hand zu nehmen, und dafür bestimmte Ideen umgesetzt sehen will. Es ist auch nicht möglich, einen potenziellen Konkurrenten vom Markt wegzukaufen: Einmal als Open Source freigegeben, kann man eine Software nicht mehr verschwinden lassen. Und um Kunden und Umsätze geht es auch nicht: XenSource, Zimbra, Lustre, Scalix – keines dieser Unternehmen verdient so viel Geld oder hat eine so attraktive Kundschaft, dass das einen Kauf motivieren könnte.

Die Gründe müssen also woanders liegen; und sie lassen sich in allen vier Fällen auf einen gemeinsamen Nenner bringen: das Know-how der Entwickler und die Rechte am Code. Was das Know-how angeht, haben die vier übernommenen Unternehmen einiges zu bieten: Die XenSource-Entwickler sind die treibende Kraft hinter Xen, einer Virtualisierungslösung, die mittlerweile als VMware-Konkurrenz gehandelt wird. Und virtuelle Desktops, haben wir in dieser Kolumne schon spekuliert, sind möglicherweise die große Bedrohung für Citrix' traditionelles Terminalserver-Geschäft.

Zimbra demonstriert mit dem Web-Client für seine Groupware, dem immer wieder besonders herausgestellten Teil der Zimbra Collaboration Suite, was mit AJAX möglich ist; und Yahoo sucht offenbar nach einem Gegenstück zu den Google Apps. CFS bringt Expertise in verteiltem Storage mit, ein boomender Bereich, in dem Sun OpenSolaris zum System der Wahl machen will. Scalix schließlich produziert einen der fortgeschrittensten Konkurrenten zu MS-Exchange – und Xandros positioniert seinen Linux-Server speziell als Lösung für Windows-Netze und als Ersatz für Windows-Server.