Open-Source-Lager begrüßt Microsofts Strategiewechsel

Auf die gestrige Ankündigung Microsofts, Schnittstellen offenzulegen, gibt es erste Reaktionen von Open-Source-Firmen und Projekten.

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Von
  • Andrea Müller

Nachdem Microsoft am gestrigen Donnerstag angekündigt hat, künftig offene Verbindungen zu gewährleisten und für die Portabilität von Daten zu sorgen sowie auf dem MSDN-Entwicklerportal Dokumente mit Protokollbeschreibungen veröffentlicht hat, haben sich nun auch erste Vertreter aus dem Open-Source-Umfeld zu Microsofts neuer Strategie und der Zusage geäußert, dass das Unternehmen Entwickler und Anbieter nicht kommerzieller Open-Source-Produkte nicht patentrechtlich belangen werde.

John Dragoon, Chief Marketing Officer von Novell, hat seine Einschätzung der Microsoft-Ankündigung in seinem Blog veröffentlicht. Er lobt Microsofts Schritt als positiv für Entwickler Kunden und Partner. Er sei ein Bekenntnis zu Interoperabilität und Offenheit, zwei Werte an die Novell glaubt und nach denen es handelt. Gleichzeitig wies er die von Novell-Ex-Mitarbeiter Matt Asay vertretene Ansicht zurück, nach der Microsofts Ankündigung jeden Vorteil der Patentvereinbarung von Novell und Microsoft zunichte mache. Asay schrieb, Novell habe jetzt nichts mehr von dem Abkommen mit Microsoft. Red Hat und Ubuntu, die sich beide geweigert hatten, ein Patenabkommen zu unterzeichnen, seien die wirklichen Gewinner und erhielten mit Microsofts Zugeständnissen den Lohn für ihre Standhaftigkeit. Dragoon erklärte dazu, Novell habe den Prozess der Microsoft-Strategieänderung durch die Zusammenarbeit beschleunigt und werde auch weiter davon profitieren. Als Beispiele nannte er unter anderem die Bereiche Virtualisierung, die freie Silverlight-Implementierung Moonlight und kompatible Dokumentformate.

Das OpenOffice-Projekt freut sich über Microsofts Schritt und erhofft sich davon die Lösung von Lizenz- und Patentstreitigkeiten. Wie Florian Effenberger, Marketing Project Co-Lead von OpenOffice.org gegenüber heise online erklärte, hofft das Projekt OpenOffice, "dass der Ankündigung auch in dieser Hinsicht positive Taten zugunsten von Open Source folgen werden". Man werde Microsoft gerne zu einem Gespräch einladen, um künftig konstruktiv zusammenzuarbeiten. Auch Alfresco, Anbieter der gleichnamigen Enterprise Content-Management-Lösung begrüßt Microsofts Pläne. Das Unternehmen will Microsofts Versprechen der Datenportierbarkeit mit einer Alfresco-Sharepoint-Integration auf die Probe stellen. Matt Asay, VP Business Developer bei Alfresco, der die Microsoft-Ankündigung zum Anlass für seinen Novell-kritischen Blogeintrag nahm, wird Microsoft bei der Umsetzung der neuen Strategie zusammen mit anderen Branchen-Experten beraten.

Jürgen Geck, Chief Technology Officer bei Open-Xchange, teilte mit, die Micosoft-Ankündigung sei eine gute Nachricht für das eigene Unternehmen und freie Software. "Jedes Mehr an Offenheit von Microsoft erspart uns und unseren Kunden und Partnern unnötige, frustrierende und teure Mehrarbeit bei der Integration und Migration von und mit Microsoft-Produkten", erklärte Geck. Dabei müsse man natürlich abwarten, wie weit Microsoft wirklich gehen würde, doch aufgrund der Zusammenarbeit von Novell und Microsoft könne man vermuten, dass Microsoft es ernst meine.

Auch das Samba-Team begrüßt Microsofts Pläne und sieht die Ankündigung als Bestätigung dafür, dass sich die Arbeit der letzten zehn Jahre gelohnt habe. Johannes Loxen sieht Microsofts Ankündigung als logischen Schritt an: "Microsoft kann nicht gegen den Kunden gewinnen. Der Kunde hat immer Recht. Und die Kunden wollen offene Standards und offene Software." äußerte er.

Elmar Gese vom Linux-Verband sieht Microsofts Pläne weniger positiv. Die kostenpflichtige Nutzung der Schnittstellen von Microsofts Lösungen sei nichts Neues. Am Ende müsse der Kunde die Rechnung bezahlen, selbst wenn er gar keine Microsoft-Software einsetze. Die Initiative zeige nur, wie stark Microsoft sein Monopol gefährdet sehe. Gese befürchtet, es werde "bei Worten bleiben und Pseudo-Standards wie OfficeOpenXML". "Microsoft wird sich nicht ändern", so Gese.

Bei allen mehrheitlich positiven Reaktionen gilt es dennoch abzuwarten, wie Microsofts Strategie konkret aussehen wird. Microsoft hat klargestellt, dass der Konzern mit der Offenlegung nicht seine Rechte aufgebe. Bei kommerzieller Verwertung patentgeschützter Verfahren müsse eine Lizenz bei Microsoft erworben werden. Wie sich das auf kommerzielle Open-Source-Anbieter und deren Kunden auswirken wird und ob Microsoft damit nicht versuchen wird, die Rechte der GPL durch die Hintertür einzuschränken, ist unklar. (amu) (amu)