Die Woche: Wie Microsoft gewinnt
Nach Novell hat jetzt auch Xandros ein Abkommen mit Microsoft geschlossen. Die Themen sind dieselben: bessere Interoperabilität, Schutz der eigenen Kunden vor eventuellen Rechtsansprüchen Microsofts, Unterstützung beim Marketing. Wie geht es weiter?
Novell ist vorgesprescht, jetzt zieht Xandros nach: Ein Abkommen mit Microsoft soll die Xandros-Kunden vor möglichen Patentansprüchen Microsofts schützen, die Interoperabilität zwischen Xandros Linux und Windows verbessern und Xandros zusammen mit Suse Linux auf die Liste der von MS empfohlenen Linux-Distributionen befördern.
Und der Preis? Xandros-CEO Andreas Typaldos erklärte, sein Unternehmen werde Lizenzgebühren an Microsoft zahlen. Die finanzielle Absprachen wurden allerdings – wie meist bei solchen Vereinbarungen – nicht offengelegt; und Typaldos verriet auch nicht, wofür genau Xandros zahlt: für den Patentschutz? Für MS-Protokolle, die man in das eigene Produkt einbauen darf? Für die Empfehlung durch Microsoft?
Warum mag sich Xandros auf diesen "Pakt mit dem Teufel" eingelassen haben, angesichts der überwiegend negativen Reaktionen auf das Novell-MS-Abkommen im November letzten Jahres? Nun, Xandros ist ein kleiner Linux-Anbieter. Ein sehr kleiner, genau gesagt: Der Xandros-Desktop, Kernprodukt des Unternehmens, gehört zur Gruppe der Debian-basierten Linux-Deskops, die Ubuntu zunehmend überflüssig macht. Und der seit 2006 angebotene Server hat bislang nicht nennenswert Marktanteile erobern können.
Jetzt hat man zumindest in der Konkurrenz mit Red Hat neue Argumente: Rechtsschutz mit Garantie von Microsoft und das Versprechen besserer Zusammenarbeit mit Windows. Wenn Preis und Leistung ansonsten vergleichbar sind, mag das für manchen CIO ein Grund sein, sich für Xandros zu entscheiden – Interoperabilität zieht in heterogenen Umgebungen immer, und Schutz vor juristischen Händeln kann nicht schaden, egal, ob er nötig ist oder nicht (siehe Microsofts Patentkarusell). Und wenn Xandros dann auch aus Redmond empfohlen wird ...
Eine Kooperation mit Microsoft, wie sie das Unternehmen allen Linux-Distributoren angeboten hat, könnte auch für andere Linux-Firmen die Position im Wettbewerb verbessern; zumindest bei Kunden, für die Open Source keine Religion und das Zusammenspiel mit MS-Produkten sowie die versprochene Rechtssicherheit Argumente sind. Man wird sehen, ob sich gute Beziehungen zu Microsoft im Kampf um Linux-Kunden auszahlen.
Wenn die Rechnung aufgeht, hätte Microsoft einen komfortablen Weg der Koexistenz mit Linux gefunden: Man verdient einfach mit. Den Redmondern könnte so gelingen, was bei SCO noch gründlich schief gegangen ist. Andere Linux-Anbieter könnten nachziehen, wenn sich die Strategie von Novell und Xandros im Markt auszahlt. Der derzeitige Linux-Marktführer Red Hat, der jede Kooperation mit Microsoft kategorisch ausgeschlossen hat, könnte irgendwann ziemlich isoliert mit ein paar freien Projekten wie Debian dastehen, die ebenfalls nicht mit dem Softwareriesen paktieren wollen.
Ob da die GPLv3, die genau solche Lizenz-Deals verbieten will, noch viel verhindern kann? Mit Linspire ist bereits ein erster Linux-Distributor deutlich auf Distanz gegangen.
Letztlich würde Open Source das Softwaregeschäft nicht neu aufmischen, wie es manche Analysten prophezeit haben, sondern sich ganz harmonisch in den traditionellen Softwaremarkt einfügen, wo die Hersteller schon seit jeher durch Cross-Licensing-Abkommen und gegenseitige Lizenzzahlungen verbandelt sind.
Eigentlich schade. (odi)