Grüner Komet: Mit diesen Tipps gelingt die Kometenjagd mit der Kamera

Der Komet C/2022 E3 (ZTF) nähert sich der Erde extrem selten. Das macht ihn zu einem besonderen Fotomotiv. So finden Sie ihn und fangen ihn fotografisch ein.

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Von
  • Katja Seidel
Inhaltsverzeichnis

Der aktuelle "Star" am Himmel heißt C/2022 E3 (ZTF). Da er grün leuchtet, trägt der Komet den Spitznamen "Grüner Komet". Während er mit bloßem Auge gar nicht so einfach zu erkennen ist, kann man ihn mit der Kamera eindrucksvoll und mit seiner prägnanten Färbung gut einfangen.

Astrofotografie für Einsteiger bis Fortgeschrittene

Entscheidend ist dabei das Timing – und Glück schadet auch nicht. Mit einer momentanen scheinbaren Helligkeit von etwa 6 mag (Magnitude) liegt C/2022 E3 (ZTF) nahe an der Sichtbarkeitsgrenze. Seine größte Erdnähe wird er am 1. Februar erreichen. Allerdings steht der Mond dann fast voll am Himmel, sodass sein Licht beim Fotografieren stört. Die letzte Chance auf eine mondlose Sichtung besteht am Morgen des 31. Januars, wenn der Mond in Mitteldeutschland etwa um 4:30 Uhr untergeht.

Bis zum Dämmerungsbeginn ab etwa 6 Uhr ist C/2022 E3 (ZTF) dann im Norden mehr als 50 Grad über dem Horizont am Himmel zu sehen. Eine Prognose über seine Helligkeitsentwicklung bis zu diesem Zeitpunkt ist zwar schwierig, aber mit etwas Glück könnte er an einem dunklen Ort dann deutlich mit dem Fernglas oder sogar dem bloßen Auge am Nachthimmel zu sehen sein. Der größte Unsicherheitsfaktor ist dabei aber das Wetter, was vielerorts für den Rest des Januars leider nichts Gutes verheißt.

Mit Web- oder Smartphone-Apps wie "The Photographer’s Ephemeris" (TPE, hier im Bild) lassen sich Mond- und Dämmerungszeiten für einen konkreten Standort und Zeitpunkt einfach ermitteln.

Aber auch im Februar besteht noch Hoffnung für die Kometenjagd. Nach dem Vollmond am 5. Februar geht der störende Mond jeden Tag ein wenig später auf, bis es schließlich am 8. Februar wieder die erste mondlose Stunde am dunklen Abendhimmel gibt. Der Komet steht dann schon nach Ende der Abenddämmerung gegen 19 Uhr hoch am Himmel in Richtung Südosten, bevor etwa eine Stunde später der Mond aufgeht. Von Tag zu Tag wird das mondlose Zeitfenster für den Kometen dann größer, wenngleich seine Helligkeit stetig abnimmt. Spannend wird es noch einmal um den 11. Februar herum, wenn der Komet im Sternbild Stier dicht am Mars vorbeizieht.

Kometen bestehen aus Staub, Gestein, Eis und eingefrorenen Gasen, weshalb sie manchmal auch "schmutzige Schnellbälle" genannt werden. Der Kometenkern ist mit meist nur wenigen Kilometern Umfang vergleichsweise klein. In Sonnennähe bildet sich um diesen herum jedoch eine Nebelhülle (die sogenannte "Koma"), da das Eis langsam schmilzt und Gase freigesetzt werden. Zusammen können Kern und Koma – also der Kometenkopf – bereits eine unglaubliche Ausdehnung von mehr als eine Millionen Kilometer haben. Noch beeindruckender macht viele Kometen jedoch ihr Schweif, der durch die Wirkung des Sonnenwindes entsteht. In großer Sonnennähe werden dabei Gas und Staub aus der Koma gerissen, sodass ein Schweif von vielen Millionen Kilometern Länge entstehen kann, welchen wir dann wiederum mit etwas Glück am Himmel sehen können.

Wohl ein einmaliges Ereignis im Leben: Der helle Komet Neowise (C/2020 F3) zusammen mit den Leuchtenden Nachtwolken, aufgenommen am 11. Juli 2020 um 1:57 Uhr.
Canon 6D | 70 mm | ISO 3200 | f/4 | 4 s

Das letzte Mal schaute C/2022 E3 (ZTF) vor 50.000 Jahren bei uns vorbei. Entdeckt wurde er erst Anfang vergangenen Jahres. Das verdeutlicht, dass man eher selten die Chance bekommt, einen Kometen zu beobachten. Zuletzt verzauberte 2020 wie "Neowise" (C/2020 F3) viele Astro-Fans, nachdem der letzte Jahrhundertkomet "Hale-Bopp" bereits 23 Jahre zurücklag.

Tatsächlich sind Prognosen zur Entwicklung eines Kometen ebenso unsicher wie manch ein Wetterbericht. So wurde der Komet ISON 2013 schon als nächster Jahrhundertkomet gehandelt, blieb dann jedoch weit hinter den Erwartungen zurück. Er überstand schließlich seine größte Sonnennähe nicht – er brannte förmlich aus und löste sich dabei vollständig auf. Bei statistisch gesehen etwa zehn wirklich beeindruckenden Kometen pro Jahrhundert, bleiben jedoch noch einige Chancen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte.

Der Grüne Komet sticht am Himmel nicht auffällig hervor. Daher benötigen Sie ein paar Hilfsmittel, um ihn am Nachthimmel zu finden. Am einfachsten gelingt dies über Sternen-Apps auf dem Smartphone. Sie enthalten einen riesigen Katalog an Himmelsobjekten und können deren Position und Eigenschaften präzise für einen konkreten Ort und Zeitpunkt anzeigen. In kostenlosen Apps wie "Sky Guide" (für iOS) oder "Stellarium Mobile" (für iOS und Android) ist der Komet C/2022 E3 (ZTF) bereits zu finden.

Sternenapps wie "Stellarium Mobile" (links) oder "Sky Guide" (rechts) zeigen die Position des Kometen für einen konkreten Standort und Zeitpunkt genau an.

Anhand der angezeigten Informationen können Sie sich schon Zuhause einen möglichst dunklen Beobachtungs- und Fotospot suchen, der freie Sicht in Richtung des Kometen bietet. Vor Ort helfen Ihnen die gleichen Apps dank der Sensoren des Smartphones dabei, den Kometen am Nachthimmel zu finden.

Geben Sie den Namen des Kometen dazu einfach in die Suchfunktion ein und halten das Smartphone mit der Kamera in den Nachthimmel. Auf dem Bildschirm sehen Sie dann anhand eines Pfeils, in welche Richtung Sie das Smartphone bewegen müssen, um in die Region des Kometen zu gelangen. Der rote Nachtmodus der Apps hilft dabei, dass Sie die Anpassung Ihrer Augen an die Dunkelheit (auch: Dunkeladaption) nicht verlieren.

Mit Hilfe der Sensoren Ihres Smartphones führt Sie die Sternenapp auch vor Ort zur richtigen Stelle am Himmel.

Sie sehen nun auf dem Display den virtuellen Ausschnitt des Sternenhimmels, der sich hinter Ihrem Smartphone befindet. Anhand markanter Sterne oder Sternbilder in der Nähe können Sie auf diese Weise die ungefähre Position des Kometen erkennen. Sollten Sie ihn mit bloßem Auge nicht sehen können, schafft ein einfaches Fernglas eventuell schon Abhilfe.

Haben Sie mithilfe der Apps einen möglichst dunkeln Fotospot gefunden, können Sie Ihre Ausrüstung zusammenpacken. Zu Ihrer Kamera wählen Sie am besten ein Objektiv mit längerer Telebrennweite. Welche Kombination Sie hier einsetzen, entscheidet darüber, wie groß Sie den Kometen und seinen Schweif aufs Bild bekommen.

Der Spielraum liegt hier zwischen 100 Millimetern an einer Vollformatkamera und 200 Millimetern an einer APS-C-Kamera. Hier einmal zum Vergleich, wie unterschiedlich die Abbildung des Kometen bei verschiedenen Brennweiten in Abhängigkeit von der Kamera wirken:

200 Millimeter Brennweite eignen sich bestens, um den Kometen C/2022 E3 (ZTF) deutlich auf dem Bild zu erkennen. Bei 100 Millimetern wird dies schon etwas schwieriger

Je nach Brennweite und Belichtungszeit machen Sie den grünen Kopf des Kometen oder sogar dessen Schweif sichtbar. Eine Herausforderung ist neben den recht geringen Helligkeiten des Kometen die Erdrotation. Sie begrenzt die Belichtungszeit je nach Brennweite auf wenige Sekunden, bevor die Sterne als Strichspuren verschwimmen. Dieses Problem ist typisch für die Deep-Sky-Fotografie. Normalerweise arbeitet man hier daher mit mehreren Belichtungen, die man kombiniert (Stacking-Verfahren), um die Gesamtbelichtungszeit und die Detailtiefe zu erhöhen.

Man kann C/2022 E3 (ZTF) – wie Sie im folgenden Bild sehen – aber auch mit nur einer Aufnahme einfangen. Zu viel dürfen Sie dann von Ihrem Bildergebnis allerdings nicht erwarten. Die Sensorempfindlichkeit beziehungsweise die ISO-Zahl müssen Sie selbst bei einem lichtstarken Objektivs vergleichsweise hochsetzen, um bei den kürzeren Belichtungszeiten arbeiten zu können. Die hohen ISO-Werte sorgen allerdings für starkes Rauschen, was die Bildqualität drückt. Da Sie das Foto später stark aufhellen müssen, um den Kometen überhaupt zu sehen, sollten Sie unbedingt im Raw-Modus Ihrer Kamera arbeiten. Hier haben Sie deutlich mehr Spielraum als beim einfachen JPEG.

Auf Grund der kurzen Belichtungszeit von nur 2,5 s musste beim Kometen C/2022 E3 (ZTF) mit einer hohen ISO-Zahl und Nachbelichtung der Aufnahme gearbeitet werden, was ein recht starkes Rauschen hervorruft. Die Aufnahme stammt vom 19. Januar 2023, 2:30 Uhr.
Canon 6D | 200 mm | ISO 6400 | f/2.8 | 2,5 s | +1 EV

Wollen Sie mehr vom Kometen und seinem Schweif einfangen, benötigen Sie ein weiteres Hilfsmittel: eine Reisemontierung, die Sie zwischen Stativ und Kamera schrauben. Die darin integrierte Nachführung hilft Ihnen dabei, die Erdrotation auszugleichen und auch bei höheren Brennweiten und Belichtungszeiten von mehreren Sekunden oder sogar Minuten runde Sterne aufzunehmen. Mit den oben genannten Brennweiten können Sie noch gut mit einer Reisemontierung arbeiten. Reisemontierungen mit Motor gibt es ab etwa 200 Euro. Modelle ohne Motor, die quasi wie eine Eieruhr funktionieren, bekommt man unter 150 Euro. Wie es der Name schon sagt, sind sie so klein und leicht, dass man sie gut unterwegs im Rucksack transportieren kann.

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Die Reisemontierung muss auf den Himmelspol ausgerichtet werden und führt die darauf montierte Kamera exakt mit der Erddrehung nach. Auf diese Weise können Sie nun Fotos mit längerer Belichtungszeit anfertigen. Es lohnt sich, gleich mehrere länger belichtete Aufnahmen des Kometen anzufertigen, um sie später im sogenannten Stacking-Verfahren zu verarbeiten.

Eine solche Reisemontierung (hier der "iOptron SkyTracker Pro") bietet durch die Nachführung der Kamera die Möglichkeit, auch im Telebereich für mehrere Sekunden oder sogar Minuten bei runder Sternabbildung belichten zu können.

Dabei legt eine Software wie "Sequator" für Windows oder dem "Starry Sky Stacker" für MacOS mehrere Bilder exakt übereinander und addiert sie vereinfacht gesagt. Da das Bildrauschen in jedem Bild zufällig verteilt ist, ergibt sich durch die Addition der Einzelbelichtungen im Ergebnisbild ein besseres Signal-Rausch-Verhältnis. Mit einem erhöhten Umfang der Nutzinformationen bei minimiertem Bildrauschen holen Sie so in der anschließenden Bearbeitung mehr aus Ihrem Bild heraus. Schon wenige Aufnahmen (20 bis 50) mit einer vergleichsweise kurzen Belichtungszeit von nur 30 bis 45 Sekunden genügen, um die Qualität deutlich zu steigern.

Nun wirkt weder ein Einzelbild noch ein unbearbeiteter Stack besonders spektakulär. Wie eigentlich immer in der Astrofotografie müssen Sie auch Ihr Kometenbild noch nachbearbeiten. Wenn Sie sich das einfach machen möchten, können Sie gut mit fertigen Filtern und Aktionen in Adobe Photoshop arbeiten. So entfernt das Plug-in "GradientXTerminator" mögliche Farb- und Helligkeitsverläufe (auch: Gradienten) im Bild und sorgt für einen neutral grauen Himmelshintergrund.

Beim Herausarbeiten des Kometenschweifs helfen die "Astronomy Tools" – eine Sammlung von Aktionen, die auf Knopfdruck bestimmte Bearbeitungsschritte auf das Bild anwenden. Insbesondere die Aktionen "Lighten Only DSO and Dimmer Stars" sowie "Enhance DSO and Reduce Stars" ("DSO" steht hierbei für "Deep Sky Object") leisten hier in Verbindung mit einer Tonwertkorrektur und den Gradationskurven in Photoshop gute Arbeit.

Natürlich können Sie die Aufnahme und Bearbeitung eines Kometen noch wesentlich professioneller und aufwändiger gestalten. Es beeindruckt jedoch durchaus, was schon mit diesen einfachen Mitteln möglich ist.

Mit wenigen Schritten lässt sich aus einem gestackten Kometenbild bereits einiges in Adobe Photoshop herausholen. Aufgenommen wurde dieses Foto des Kometen C/2022 E3 (ZTF) am 19. Januar 2023 gegen 4 Uhr.
Canon 70D | 200 mm | ISO 2000 | f/2.8 | 30 s | Stack aus 46 nachgeführten Einzelbildern

Auch wenn der Grüne Komet nicht an die Helligkeit des Kometen Neowise herankommt, gibt er uns wieder eine "fantastischen Gelegenheit, eine persönliche Verbindung mit einem eisigen Besucher aus dem fernen äußeren Sonnensystem herzustellen." So treffend schreibt es die NASA.

Sollten wir in den nächsten Jahren wieder einmal das Glück eines hellen Kometen wie Neowise haben, so ist die Aufnahme und Bearbeitung deutlich einfacher. In diesem Fall reicht ein Weitwinkelobjektiv, um den Kometen mit seinem prächtigen Schweif auch ohne Nachführung beeindruckend einzufangen.

(ssi)