Reisefotografie: Landschaften

Kein Motiv wird auf Reisen so häufig fotografiert wie die Landschaft. Wer lernt, die Sonne als eine Art Scheinwerfer zu sehen, Wolken und Wind als Bühnenbild zu verstehen und die Landschaft als großartiges Schauspiel wahrzunehmen, dem gelingen eindrucksvolle Landschaftsfotos.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Reinhard Eisele
Inhaltsverzeichnis

Um faszinierende Landschaftsaufnahmen zu fotografieren, braucht es vor allem eines: Zeit. Das geeignete Licht, die richtige Stimmung, das passende Wetter – Landschaftsfotografen müssen warten können, manchmal Stunden, manchmal auch Tage, denn in Gegenden mit stark strukturierter Landschaft ändert sich das Bild einer Landschaft gerade bei aufoder untergehender Sonne von Stunde zu Stunde. In den frühen Morgenstunden herrscht ein weiches, allgemeines Licht vor, aber schon die ersten Sonnenstrahlen verstärken die Kontraste. Deshalb ist es wichtig, in welchem Winkel ein Fotograf zum einfallenden Licht steht. Geht die Sonne hinter seinem Rücken auf – das Motiv liegt also genau im Westen – ergeben sich kaum Konturen. Die Sonne beleuchtet die Landschaft direkt, sie erscheint flach. Liegt dagegen das Motiv in Nord-Süd-Richtung, hat man schräg einfallendes Licht. Die Landschaft gewinnt Kontur, helle und dunkle Teile formen sich zu einem harmonischen Ganzen. Je höher dann die Sonne am Himmel steht, desto schwächer werden die Kontraste und desto "normaler" wirkt eine Landschaft.

Gerade in den Bergen ist das Zeitfenster für stimmungsvolle Aufnahmen sehr eng, sodass man rechtzeitig bei "seinem" Motiv sein muss. Insbesondere das Schauspiel des Alpenglühens dauert oft nur wenige Minuten (hier in den Dolomiten).

(Bild: Reinhard Eisele)

Big Sur, die berühmte Küste zwischen San Francisco und Los Angeles, ist so ein Beispiel. Wer hier vormittags entlangfährt, erkennt kaum, warum gerade dieser Küstenstreifen so bemerkenswert und eindrucksvoll sein soll. Nachmittags und abends, wenn das Licht den Pazifik erglitzern lässt und die Brandung durch die schräg einfallende Sonne an Dramatik zunimmt, ist es dann aber offensichtlich, warum so viele Schriftsteller diese Gegend so intensiv beschrieben und zahllose Fotografen hier eindrucksvolle Bilder aufgenommen haben.

Es gibt aber auch Motive, bei denen senkrechtes Mittagslicht willkommen ist. So erweist sich beispielsweise beim Fotografieren im dichten Wald (sei es nun heimischer oder tropischer) ein senkrechter Einstrahlwinkel keineswegs als Nachteil, da sich durch die Zweige genügend helle und dunkle Details ergeben. Auch beim Durchwandern oder Durchfahren von Schluchten ist die Mittagszeit oft die einzige Zeit, in der Lichtstrahlen in die Tiefe gelangen. In vielen Fällen ist Sonne aber ein echter "Motivkiller". Fotografiert man beispielsweise Landschaften von einem erhöhten Standpunkt aus ohne Himmel, werfen die (auf dem Boden sichtbaren) Wolken fleckige Schatten. Auf Fotos wirken diese Flecken später störend. Außerdem beeinflussen sie die Struktur der Landschaft.